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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Kohlenstoff-Verluste in Böden größer als gedacht  
  Aus den Böden entweicht weit mehr Kohlenstoff als bisher angenommen. Vermutlich wird die Freisetzung durch den Klimawandel verursacht, schließen britische Forscher aus Bodenstudien der letzten 25 Jahre.  
Nach Berechnungen von Patricia Bellamy von der Cranfield University und ihrem Team werden allein in Großbritannien jährlich 13 Millionen Tonnen Kohlenstoff aus den oberen Erdschichten freigesetzt - zusätzlich zu den etwa 150 Millionen Tonnen aus der Industrie.
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Der Artikel "Carbon losses from all soils across England and
Wales 1978-2003" ist in im Fachjournal "Nature" erschienen (Band 437, doi:10.1038/nature04038).
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Boden: Wichtiger Kohlenstoffspeicher
Weltweit hält der Boden etwa 300 Mal mehr Kohlenstoff zurück als jährlich durch die Verbrennung fossiler Energieträger frei wird.

In ihm ist etwa doppelt so viel gespeichert wie in Pflanzen oder der Atmosphäre. Viele Experten nahmen an, dass der Großteil des Kohlenstoffs in den Böden dauerhaft gebunden bleibt.

Die Möglichkeit, dass infolge des Klimawandels Kohlenstoff freigesetzt wird, ist unter Wissenschaftlern umstritten.
Kohlenstoff-Verluste auf mehreren Wegen
Bellamy untersuchte nun in mehreren Tausend Proben, wie sich der Gehalt an Kohlenstoff in der oberen Bodenschicht in England und Wales zwischen 1978 und 2003 verändert hat.

Durchschnittlich verloren alle Böden pro Jahr etwa 0,6 Prozent ihres ursprünglich gebundenen Kohlenstoffs. Wohin der Kohlenstoff verschwunden ist, konnten die Forscher nicht klären.

Ein Teil könnte in tiefere Bodenschichten gewandert oder mit dem Regen ausgewaschen worden sein, ein anderer Teil sei wahrscheinlich in Form von Kohlendioxid entwichen.
Vermutung: Klimawandel ist schuld
Da sie weder einen eindeutige Zusammenhang zur Art des Bodens noch zu dessen Nutzung fanden, vermuten die Wissenschaftler, dass der Klimawandel für die Freisetzung verantwortlich ist.

Über den Untersuchungszeitraum seien die Temperaturen in England und Wales um 0,5 Grad gestiegen und auch die Niederschläge hätten sich verändert.

Das könnte beispielsweise die Aktivität von Bodenorganismen beeinflusst haben, die organische Substanzen abbauen. Entweicht der Kohlenstoff in Form von Gas, könnte möglicherweise der Klimawandel weiter angetrieben werden.
Bei Klimapolitik zu berücksichtigen
Die Untersuchung lasse den Erfolg der britischen Klimabemühungen in einem anderen Licht erscheinen, schreiben dazu Detlef Schulze und Annette Freibauer vom Max-Planck Institut für Biogeochemie in Jena in einem begleitenden Kommentar in der Zeitschrift "Nature".

Die jährliche Freisetzung aus den Böden entspreche etwa der Menge, die Großbritannien zwischen 1990 und 2002 durch die Reduzierung der Kohlendioxid-Emissionen eingespart habe.

Bei den Regelungen zur Freisetzung von Kohlendioxid im Kyoto-Protokoll seien die Böden nicht berücksichtigt. Für eine wirkungsvolle Klimapolitik seien deshalb zukünftig umfassendere Regelungen nötig.

[science.ORF.at/APA/dpa, 7.9.05]
->   Cranfield University Silsoe
->   Max-Planck-Institut für Biogeochemie
Mehr zum Thema bei science.ORF.at:
->   Auch CO2-Stopp hält Klimawandel nicht auf (19.7.05)
->   Kyoto-Protokoll ist in Kraft getreten (15.2.05)
 
 
 
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01.01.2010