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Studie: Schlechte Laune schärft die Erinnerung  
  Ein verlorenes Heimspiel der Fußballmannschaft oder ein verregnetes Sommerwochenende bringen zwar schlechte Laune, haben aber auch ihr Gutes: Nach Erkenntnissen von US-Psychologen steigert eine negative Gemütslage das Erinnerungsvermögen. Bei guter Laune kommt es hingegen eher zu verfälschten Erinnerungen.  
Denn: Die schlechte Laune einer Person führt zu einer spezifischeren Verarbeitung des Erlebten, während eine positive Stimmung eher zur assoziativen Verarbeitung verleitet. Mit letzterer schleichen sich aber Fehler ein, das Assoziierte wird als wahr empfunden.

Diese unterschiedliche Verarbeitung von Ereignissen wiesen Justin Storbeck und Gerald L. Clore von der University of Virginia in zwei Experimenten nach.
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Der Artikel "With Sadness Comes Accuracy; With Happiness, False Memory: Mood and the False Memory Effect" ist in der Zeitschrift "Psychological Science" erschienen (Band 16, Oktober 2005).
->   Psychological Science
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Wahrnehmung: Eine launige Angelegenheit
Gefühle haben Einfluss darauf, wie Ereignisse im Gehirn entschlüsselt und abgespeichert werden. Schon das von Schwarz & Clore 1983 entwickelte "Affect-as-information-Modell" besagt, dass die Stimmung von Personen in die Beurteilung eines Objekts einfließt, nämlich die Emotion als Information.

Die US-Psychologen stellten sich nun die Frage, ob Gefühle Auslöser für das bereits beobachtete objektspezifische oder das assoziative Verarbeiten von Wahrnehmungen sind.

Bei der ojektspezifischen Verarbeitung merkt sich die Person die Ausstattung, Elemente und bestimmte Eigenschaften des Gesehenen, bei der assoziativen wird das Gesehene mit übergeordneten Begriffen und Stereotypen verknüpft.

Storbeck und Clore gingen der Hypothese nach: Menschen mit guter Laune würden zu assoziativem Verarbeiten und damit auch verfälschter Erinnerung neigen, Menschen mit negativer Stimmung eher zur spezifischen Verarbeitung.
Mozart und Mahler boten Hilfestellung
Im Experiment bestimmte Musik die Stimmung: Eine Gruppe von Probanden lauschte den Klängen der "Kleinen Nachmusik" von Mozart zwecks positiver Gefühlslage, die andere dem "Adagietto" von Mahler zwecks der negativen.

Den Testpersonen wurden anschließend Listen mit je 15 Wörtern vorgelegt, die zwar in einem inhaltlichen Zusammenhang standen, so wie Bett, Kissen, Ruhe, Traum. Unter den Wörtern gab es allerdings keine entsprechend überzuordnenden Begriffe, wie zum Bespiel "Schlaf".

Nach einer Lernphase fragten die Psychologen die erlernten Begriffe ab.
Der Erinnerungscheck
Das Ergebnis: Die Personengruppe mit negativer Stimmung nannte im Anschluss weniger falsche Wörter als die positive gestimmte.

In einem zweiten Experiment wiesen die Psychologen auch nach, dass die "Pseudoerinnerungen" auf unterschiedliche Verarbeitungsprozesse der Information zurückzuführen sind, nicht nur auf eine unterschiedliche Wahrnehmung der Situation.
Zwei Gedächtnisspuren
Storbeck und Clore sehen damit die "Fuzzy-trace-Theorie" bestätigt: Demnach gibt es zwei parallel arbeitende Gedächtnisspuren.

Auf einer Gedächtnisspur wird die präzise, ojektspezifische Wahrnehmung gespeichert (verbatim-Repräsentation), auf der anderen der allgemeine semantische Gehalt der Objekte ohne die Spezifikationen (gist-Repräsentation).

Durch die parallele Speicherung auf beiden Gedächtnisspuren griffen die Testpersonen bei der Erinnerung eher auf die eine oder andere Spur zurück. Bei positiven Gefühlen kam eher die assoziative Gedächtnisspur zum Zug und somit erhöhte sich das Risiko einer Erinnerungsverfälschung.

[science.ORF.at, 9.9.05]
->   Department of Psychology
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01.01.2010