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Artenvielfalt der Donau: Hoch, aber gefährdet  
  Die Donau zeichnet sich laut österreichischen Limnologen speziell unterhalb Wiens durch eine besondere Artenvielfalt aus, langfristig ist diese durch neu einwandernde Tiere aber bedroht.  
Das ist das Ergebnis einer vor kurzem vorgestellten Studie zur Biodiversität von Kleinstlebewesen der Donau von Uwe H. Humpesch und seinem Team vom Limnologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Untersuchung der Umweltfaktoren
Die Wissenschaftler untersuchten, welche Umweltfaktoren für Würmer, Krebse, Milben, Insekten und Muscheln ausschlaggebend sind, damit sie ihre Stammplätze in den obersten zehn bis fünfzehn Zentimetern der Flusssohle besiedeln können.

"Korngröße und Dynamik der Sedimentumlagerung haben den größten Einfluss auf die Struktur der Lebensgemeinschaften. Neu einwandernde Arten nehmen aber auch in der Donau zu und gefährden auf lange Sicht die außerordentliche Vielfalt wie wir sie jetzt noch vorfinden ", fasst Projektleiter Humpesch in einer Aussendung der ÖAW zusammen.
Korrelation mit Biodiversität
Das Limnologen-Team der ÖAW erfasste das ökologische Gefüge am Grund der Donau. Dazu entwickelten sie Sammelapparaturen, um die Bodenbewohner zusammen mit ihrem Substrat vom Uferbereich bis zur Flussmitte zu entnehmen.

Anschließend quantifizierten sie die Beziehung der Tiergruppen zu Schlüsselfaktoren aus der Umwelt. Diese Korrelationen helfen den Limnologen Vorhersagen über die Lebensgemeinschaften im Flussbett zu treffen, wenn sich etwa die Dynamik der Sedimentumlagerung durch flussbauliche Maßnahmen ändert.
Hoher Artenreichtum unterhalb von Wien
Im österreichischen Abschnitt der Donau kommen im Flussbett etwa 1.200 Tiere vor, so genannte Makrozoobenthos. Allein unterhalb des Kraftwerks Freudenau gibt es 310 Arten der kleinen Wassertierchen, von denen 58 Arten ausschließlich dort vorkommen.

Diese hohe Biodiversität erklärt sich nach Angaben der Wissenschaftler aus zwei Besonderheiten der Donau unterhalb von Wien: Hier fließt sie - wie in Österreich sonst nur noch in der Wachau - frei und ist darüber hinaus eng mit ihren Augewässern verbunden.

In der freien Fließstrecke wird das Sediment am Grund des Flusses kaum umgelagert und ist deswegen ein idealer Lebensraum für eine große Anzahl an Arten. Weniger reichhaltig ist die Fauna dort, wo der Fluss - zum Beispiel nach einem Kraftwerk - weniger Sediment nachliefert, schneller fließt und sich dadurch weiter eingräbt.
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Indikator für Wasserqualität
Die Biodiversität zu erhalten ist nicht nur vom Tierschutzgedanken geleitet, sondern ist eine der Maßnahmen, die Wasserqualität zu sichern. Die Artenzusammensetzung des Makrozoobenthos ist mittlerweile ein international geeichter Bioindikator für die Wasserqualität. Humpesch und sein Team wiesen der Donau unterhalb Wiens eine gute Wasserqualität aus.
->   Makrozoobenthos
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Neue Arten bedrohen heimische
"Die reichhaltige Fauna dieses schwer zugänglichen Lebensraumes ist nicht nur durch Eintiefung gefährdet", betont Uwe H. Humpesch. "Mittlerweile haben wir in der Donau unterhalb Wiens 17 neu eingewanderte Arten festgestellt: Von ihnen ist bekannt, dass sie neue Lebensräume sehr erfolgreich besiedeln und die Vielfalt der heimischen Fauna auf lange Sicht verringern."

Eine der vielen aus dem Osten einwandernden Arten ist Corophium, ein Schlick bewohnender Krebs aus der Region um das Schwarze Meer. Aber auch vom Westen her dringen konkurrenzstarke Arten, wie etwa die Muschel Corbicula, entlang des Rhein-Main-Donaukanals bis nach Wien vor.
Noch keine Quantifizierung
Noch lässt sich schwer quantifizieren, wie gefährdet die Arten des Makrozoobenthos wirklich sind, denn: einerseits umfasst die Rote Liste der gefährdeten Arten Österreichs nur Wirbeltiere und Schmetterlinge, andererseits fehlen noch detaillierte Studien zu den Standortansprüchen der Bioinvasoren.

Am Limnologischen Institut der ÖAW sind deshalb weitere Untersuchungen im Gange, die die Beziehungen der Neuankömmlinge zu Umweltfaktoren wie Korngröße und Sedimentumlagerung quantifizieren.

[science.ORF.at, 12.9.05]
->   Institut für Limnologie der ÖAW
 
 
 
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01.01.2010