News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Salamanderfossilien erzählen vom Klimawandel  
  Knochenfunde dienen der Wissenschaft oft als "Klimaarchiv". US-Forscher haben nun Fossilien einer Salamanderpopulation untersucht und dabei Veränderungen des Körperbaus während der letzten 3.000 Jahre gefunden - eine eindeutige Reaktion auf den Klimawandel, wie sie meinen.  
Die 2.850 untersuchten Fossilien der wechselwarmen Tigersalamander stammen aus der Lamar-Höhle im Yellowstone National Park im Bundesstaat Wyoming.

Die Untersuchungen wurden von einem dreiköpfigen Forscherteam durchgeführt: Judsen Bruzgul und Elizabeth Hadly (beide Stanford University) sowie Webb Long (University of Vermont).
...
Die Ergebnisse der Studie wurden in der September-Ausgabe des Wissenschaftsjournals "BMC Ecology" unter dem Titel "Temporal response of the tiger salamander (Ambystoma tigrinum) to 3,000 years of climatic variation" (Bd. 5, Nr. 7, 13.9.05) veröffentlicht.
->   Abstract (sobald online)
...
Gruppierung nach Alter und Entwicklungsstand
Die Fossilien wurden aufgrund ihres archäologischen Alters gruppiert. Außerdem sortierten die Forscher ihre Fundstücke nach Entwicklungsstand und Größe (Body Size Index): Larven, wasserlebende Erwachsene mit "jugendlichen Merkmalen" (pädomorphe Individuen) sowie landlebende Erwachsene.

Die Größe und das Verhältnis zwischen den landlebenden und den jugendlich aussehenden Erwachsenen war für Bruzgul der Schlüssel, um die Auswirkungen von vergangenen Klimaveränderungen auf die Evolution der Tigersalamander zu beurteilen.
Wärme im Mittelalter förderte Landsalamander
Die temperaturempfindlichen Amphibien gelten als sensible Indikatoren, die auf Veränderungen der Umwelt mit Modifikationen des Erscheinungsbilds, der Häufigkeit und der Verbreitung reagieren würden.

Die Auswertung des Materials ergab, dass während der mittelalterlichen Wärmezeit (ca. 850 bis 1350 n. Chr.) landlebende Individuen die Tigersalamander-Populationen beherrschten.

Sie waren wesentlich größer als ihre pädomorphen Artgenossen und trotzten offenbar erfolgreich Trockenheit und Hitze.
Trockenangepasste Amphibien sind im Vorteil
Aufgrund ihrer Studie vermuteten Bruzgul und seine Kollegen, dass das Klima der Zukunft einen Selektionsdruck gegen kleine wasserlebende Individuen auslöst.

Salamander, die ihr Erwachsenenleben an Land verbringen, würden aufgrund ihrer Toleranz gegenüber Wärme und Trockenheit begünstigt.
Folgenreiche Erderwärmung
Ein Szenario, das die Wissenschaftler auch für die nähere Zukunft erwarten: Die Temperatur auf der Erde ist während der letzten hundert Jahre um durchschnittlich 0,6 Grad gestiegen. Im 21. Jahrhundert könnte sich die Temperatur sogar um weitere 5,8 Grad erhöhen.

Eine solch starke Erwärmung sei zumindest in den letzten 100.000 Jahren nicht vorgekommen, so der Biologe Judsen Bruzgul.
...
Tigersalamander mit zwei Erwachsenenstadien
Auf das in Tümpeln lebende Larvenstadium des Tigersalamanders folgt in der Regel eine radikale Umwandlung (Metamorphose): Die erwachsenen Tiere leben an Land und kehren nur für die Fortpflanzung ins Wasser zurück. Es gibt allerdings auch "pädomorphe" Individuen, die zwar geschlechtsreif werden, jedoch immer noch aussehen wie Larven, wie diese im Wasser leben und Kiemenbüschel tragen.

Welcher Anteil einer Population als pädomorphe Erwachsene im Wasser lebt, hängt in erster Linie von den Umweltfaktoren Temperatur und Feuchtigkeit ab. In kühlen Regionen ist die Mehrheit der erwachsenen Tiere pädomorph und lebt unter Wasser. In Gebieten mit saisonal austrocknenden Tümpeln überwiegen jedoch die landlebenden Erwachsenen.
->   Mehr über den Tigersalamander
...
Aktueller Klimawandel führt zu neuen Änderungen
Daher spreche viel dafür, dass sich die Salamanderpopulationen wieder ähnlich den nun entdeckten Fossilien verhalten - d.h. dass die landlebenden Tiere viel größer als ihre Artgenossen im Wasser werden.

Die Veränderungen in den Salamanderpopulationen, so die Forscher, würde eine Verringerung der Biomasse in den Gewässern und Veränderungen im Nahrungsnetz mit nicht vorhersehbaren Folgen nach sich ziehen.

[science.ORF.at, 13.9.05]
->   Hadly Lab, Biological Sciences, Stanford University
->   Yellowstone National Park
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Student fand unbekanntes "Salamander-Fossil" (10.11.2004)
->   Weltweites mysteriöses Sterben von Amphibien (14.10.2004)
->   Forscher entdecken ''Pompeji der Salamander'' (29.3.2001)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010