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Forschungsprogramm zum Schutz von Infrastrukturen  
  Arbeitsplatzverlust, Bombenanschläge, Überschwemmungen: Zahlreiche Phänomene bedrohen unsere Sicherheit. Die Forschungspolitik hat nun reagiert, ein neues nationales und ein europäisches Förderungsprogramm widmen sich der Sicherheitsforschung. In Österreich steht der Schutz kritischer Infrastrukturen im Mittelpunkt.  
Absolutes Neuland betritt die nationale Forschungsförderung: Anfang August gab Forschungsstaatssekretär Eduard Mainoni (BZÖ) bekannt, dass es erstmals zur Einrichtung eines Sicherheitsforschungsprogramms kommen wird.

Der erste Fokus dabei liegt auf dem "Schutz kritischer Infrastrukturen", wie es Klaus Pseiner, der Geschäftsführer der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), gegenüber science.ORF.at erklärte. Die FFG ist mit der Abwicklung des Programms betraut worden.
Von Verkehr bis Gesundheit
Mit "kritischen Infrastrukturen" gemeint sind etwa Verkehr, Informations- und Kommunikationstechnologien, Gesundheit, Energie, Wasser, Lebensmittel sowie die Lagerung und Beförderung kritischer Güter.

Klaus Pseiner: "Die Infrastrukturen hoch entwickelter Gesellschaften sind anfällig geworden, weil sie bis an ihre Grenzen belastet wurden."

Deshalb soll in einer ersten Phase des neuen Programms analysiert werden, wo es besondere Schwachstellen gibt, in weiterer Folge sollen Gegenmaßnahmen entwickelt werden.
Fünf Mio. Euro heuer, 110 Mio. bis 2013
Klares Ziel laut Gernot Grimm, dem Sicherheitsexperten des beim Programm federführenden Infrastrukturministeriums: "Einerseits das Sicherheitsbewusstsein der Bevölkerung zu heben, andererseits die Konkurrenzfähigkeit der Industrie zu steigern."

Die Ausschreibung für das neue Programm soll im November erfolgen, ein erstes Budget von fünf Millionen Euro aus den Forschungssondermitteln ist fixiert.

Die längerfristige Perspektive sieht ein Gesamtbudget von 110 Millionen Euro bis 2013 vor, so Klaus Pseiner.
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Lange Nacht der Forschung
Auch die "Lange Nacht der Forschung", die am 1. Oktober in Innsbruck, Linz und Wien zum ersten Mal stattfindet, steht unter dem Thema "Sicherheit". Aus diesem Anlass präsentiert science.ORF.at in den kommenden Tagen eine Serie von Beiträgen, die sich mit verschiedenen Aspekten von Sicherheit beschäftigen - beginnend mit der forschungspolitischen Situation über Fragen von Verkehrs-, Labor- und sozialer Sicherheit bis zum Schutz vor Naturgefahren.
->   Lange Nacht der Forschung
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Premiere: Auch Geistes- und Sozialwissenschaften
Neben den technologischen Aspekten der Sicherheitsforschung sollen auch die Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK) nicht zu kurz kommen. Diese sollen nicht separat gefördert werden, sondern "matrixartig alle Technologieprojekte begleiten", wie es Gernot Grimm ausdrückt.

Für die Förderungspraxis der im Vorjahr gegründeten FFG und ihrer Vorgängerinstitutionen ist dies eine Premiere - bisher wurde ausschließlich die Entwicklung von Technologien und wirtschaftsnahe Forschung unterstützt.
Strukturierung und Bedarfsanalysen
Diese stehen zwar weiter im Mittelpunkt, aber das Sicherheitsprogramm folgt einer Empfehlung des Rats für Forschung und Technologieentwicklung ("Strategie 2010"), wonach die Sozial- und Geisteswissenschaften als integraler Bestandteil zu betrachten sind.

Ihre möglichen Einsatzgebiete: Bedarfsanalysen zu Beginn der Projekte, begleitende Studien sowie die Strukturierung des gesamten Programms.
Europäisches Programm startet 2007
Während das nationale Sicherheitsforschungsprogramm also Ende dieses Jahres starten soll, ist der offizielle Beginn des "European Security Research Program (ESRP)" für 2007 vorgesehen. Seit dem Vorjahr gibt es vorbereitende Projekte, die den Boden dafür aufbereiten.

Der einzige österreichische Beitrag für 2006 ist das Projekt "Prise" vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
Österreich-Beitrag: Schutz der Persönlichkeitsrechte
Prise steht für "Privacy enhancing shaping of security research and technology", Ziel ist es laut Projektleiter Walter Peissl vom ITA, einen "Grundlinienkatalog zu erstellen", der dafür sorgt, dass "bei der Entwicklung neuer Sicherheitstechnologien die Grundrechte wie Datenschutz und Privatheit nicht verletzt werden."

Sicherheit und der Schutz der Persönlichkeitsrechte müssen nicht automatisch im Widerspruch stehen, betonte Peissl gegenüber science.ORF.at.

Noch bevor neue Technologien entwickelt werden, sollen Bürger durch "Prise" nach ihren Wünschen und Bedenken befragt werden - etwa wie lange die Aufnahmen von Überwachungskameras gespeichert werden dürfen.
Bürgerbedenken sollen in Ausschreibung einfließen
Idealerweise würden die Empfehlungen der beteiligten Bürger bereits in die Ausschreibungen zu den Projekten des 7. Rahmenprogramms mit einfließen.

Wenn "Prise" wie erwartet von der EU-Kommission in den nächsten Wochen beschlossen wird, soll es im Jänner 2006 mit drei Partnern aus Dänemark, Norwegen und Deutschland beginnen. Laufzeit: 28 Monate, veranschlagtes Budget: 600.000 Euro.
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Radio-Tipp: Lange Nacht der Forschung in Ö1
Radio Österreich 1 widmet dem Thema der "Langen Nacht der Forschung" Sicherheit zahlreiche Sendungen. Die Inhalte sind breit gestreut: Der "gläserne Bürger", dessen Spuren durch moderne Technologien überall verfolgt werden können, wird ebenso zum Thema gemacht wie der Versicherungsfall Naturkatastrophe u.v.a.
->   Mehr dazu in oe1.ORF.at
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Vorbereitende Maßnahme
"Prise" ist eine "Vorbereitende Maßnahme zur Stärkung des Industriepotenzials in Europa auf dem Gebiet der Sicherheitsforschung" (PASR), wie es im schönen EU-Deutsch heißt.

Seit dem Vorjahr laufen diese vorbereitenden Studien - unter Beteiligung etwa der Austrian Research Centers - ab 2007 sollen sie in einen eigenen Forschungsschwerpunkt münden.
250 Mio. Euro jährlich geplant
Ging die EU-Kommission im April dieses Jahres noch davon aus, dass Sicherheit dabei mit der Weltraumforschung in einen Topf gesteckt wird, so scheint man nun wieder auf Eigenständigkeit zu pochen.

Noch unter dem Eindruck der Bombenanschläge in London gab der zuständige EU-Kommissar Günther Verheugen im August bekannt, ab 2007 jährlich rund 250 Millionen Euro in die Sicherheitsforschung stecken zu wollen. Heuer sind es vergleichsweise bescheidene 15 Millionen.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 16.9.05
->   FFG
->   ITA
->   Strategie 2010 des Forschungsrats (pdf-Datei)
->   Infrastrukturministerium
 
 
 
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01.01.2010