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Emissionen: Saure Meere lösen Kalkschalen auf  
  Durch den Anstieg des Treibhausgases Kohlendioxid versauern die Meere einer Studie zufolge viel schneller als bisher angenommen. Bereits in 50 bis 100 Jahren könnte dies zum Verschwinden wichtiger Meeresorganismen in den Polargebieten führen, warnt ein internationales Forscherteam.  
Die Wissenschaftler um James C. Orr vom französischen Laboratoire des Sciences du Climat et de l'Environnement und diversen anderen Forschungsinstitutionen fordern daher eine starke Einschränkung der Treibhausgasemissionen.
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Die Studie "Anthropogenic ocean acidification over the twenty-first century and its impact on calcifying organisms" von James C. Orr et al. erschien im Fachjournal "Nature" (Bd. 437, S. 681; doi:10.1038/nature04095).
->   Zur Studie
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Ökosysteme in Gefahr
Bedroht sind nach der Studie vor allem Kaltwasserkorallen, Seegurken und im Wasser schwebende Flügelschnecken. Diese Tiere seien eine wichtige Nahrungsquelle für andere Tiere, von Krebsen über Lachse bis zu Walen. Daher seien schwerwiegende Auswirkungen auf das gesamte polare Ökosystem zu befürchten, glauben die Forscher.
Kalkschalen lösen sich auf
Nach Angaben des an der Studie beteiligten Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) produziert jeder Mensch durch den Verbrauch von Öl und anderen fossilen Brennstoffen im Durchschnitt elf Kilogramm Kohlendioxid pro Tag, die in die Atmosphäre gelangen.

"Vier Kilogramm davon werden von den Weltmeeren aufgenommen, was den Treibhauseffekt mildert", schreibt das Institut. "Unglücklicherweise reagiert das Kohlendioxid mit dem Meerwasser zu Säure, welche die Kalkschalen vieler Meeresbewohner auflösen kann."
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Der Mechanismus
Gegenwärtig ist der Ozean mit Kalk (Kalziumkarbonat) gesättigt, der ständig steigende CO2-Gehalt der Atmosphäre führt jedoch zu Ansäuerung (d.h. einem Sinken des pH-Werts) des Meerwassers. Das reduziert wiederum den Gehalt an verfügbaren Karbonationen, die viele Schlüsselorganismen der Weltmeere - etwa Korallen und manche Planktonarten - für den Aufbau ihrer Kalkschale benötigen. Konkret berechneten die Forscher den Rückgang von Aragonit, eine metastabile Form des Kalziumkarbonats.
->   Kalziumkarbonat - Wikipedia
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In 50 Jahren keine Flügelschnecken mehr
Bild: Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
Beim derzeitigen Anstieg der Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre würden sich die Schalen der Flügelschnecken in den Polarmeeren (Bild rechts) bereits in 50 Jahren einfach auflösen. Die wärmeren Meere folgten mit Zeitverzögerung.

Gefahr drohe auch den besonders im Nordatlantik verbreiteten Kaltwasserkorallen. Anders als ihre bekannteren tropischen Verwandten wüchsen diese Korallen nur sehr langsam. Sie seien schon heute durch Bodenschleppnetze der Fischerei stark bedroht.
13 Modelle, eine Aussage
"Um die Vorhersagen abzusichern, haben wir 13 alternative Berechnungsmodelle mit den Daten gefüttert", erklärt Reiner Schlitzer vom AWI. "Beim Vergleich der Ergebnisse gab es kleine Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Modellen, aber die grundsätzliche Aussage war immer die gleiche: Die Meere versauern viel schneller als bisher angenommen."

[science.ORF.at/dpa, 29.9.05]
->   Laboratoire des Sciences du Climat et de l'Environnement
->   Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung
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01.01.2010