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Judentum in Österreich: Buch zum Mittelalter  
  Zeugnisse des Mittelalters zur Geschichte der Juden in Österreich sind nun erstmals kompakt aufgearbeitet und als Buch publiziert worden - Band 1 "Von den Anfängen bis 1338" wurde gestern vorgestellt.  
Für die Publikation verantwortlich zeichnen zwei Historikerinnen des Instituts für Geschichte der Juden in Österreich in St. Pölten.
Früheste Erwähnung in Zollordnung
Vom Anfang des zehnten Jahrhunderts stammt die älteste bekannte Urkunde aus dem jüdischen Leben in Österreich, sagt Eveline Brugger, Historikerin und Romanistin. Brugger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Juden in Österreich: "Es ist die Raffelstettener Zollordnung.

Die Urkunde regelt die Mautabgaben auf der Donau (Anm. Raffelstetten in Oberösterreich). In der Zollordnung werden durchreisende jüdische Kaufleute erwähnt. Es sind keine hier lebenden Juden, sondern Juden, die auf der Donau Waren befördern und Abgaben zahlen müssen."
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Das Buch
"Regesten zur Geschichte der Juden in Österreich im Mittelalter".
Band 1: Von den Anfängen bis 1338.
Von Eveline Brugger und Birgit Wiedl
Studienverlag
452 Seiten, 47 Euro
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Stichwortsuche in Archiven und Bibliotheken
Das Institut in St. Pölten hat jahrelang, beinahe detektivisch Quellen zur mittelalterlichen Geschichte der Juden in Österreich gesammelt. Nun werden die Dokumente in mehreren Bänden herausgegeben - nicht im Original, sondern in Regestenform; also zusammengefasst sowie mit Quellenangaben und wissenschaftlichen Kommentaren versehen.

"Es geht in dem Projekt darum, alle Dokumente zu erfassen, in denen Juden erwähnt werden, die auf dem Gebiet des heutigen Österreich leben", sagt die Historikerin und Germanistin Birgit Wiedl (wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Juden in Österreich).
Testamente, Kaufsurkunden, Stiftbriefe
"90 Pozent des Materials sind Urkunden und ein überwiegender Teil sind Geschäftsurkunden wie z. B. Kaufs- und Verkaufsurkunden, Schuldbriefe oder Pfandbriefe. Ebenfalls in der Sammlung finden sich Testamente oder Stiftbriefe, in denen Häuser in jüdischem Besitz erwähnt werden." (Birgit Wiedl)

Als Geschäftspartner der Juden treten im Mittelalter laut Wiedl vor allem Adelige und Klöster auf, aber auch der Landesfürst selbst sowie immer häufiger Bürger. Weitere Zeugnisse aus dem Mittelalter sind Texte, die die rechtliche, wirtschaftliche und soziale Stellung der Juden definieren - wie z. B. Privilegien und Vorschriften.
Grundlagenforschung als Grundlage für Forschung
Auf den Regesten aufbauend können nun Historiker und Historikerinnen weitere Aspekte der Geschichte der Juden in Österreich erforschen - Beispiele nennt Eveline Brugger:

"Man kann sehr viel zur Interaktion zwischen Juden und Christen aus dem Material herauslesen; man kann sehr viel zur Wirtschaftsgeschichte sagen sowie zur Sozial- und Rechtsgeschichte der Juden. Man kann aber auch Fragen daraus beantworten, die nicht primär mit Judentum zu tun haben: Adelsgeschichte, Stadtgeschichte, Frauengeschichte."
Rare hebräische Zeugnisse
Für Band 1 der Regesten (bis zum Jahr 1338) sind 465 Quellen zusammengetragen und aufgearbeitet worden. Die Originale sind zumeist auf Deutsch; auf Latein v. a. das historiografische Material (das großteils von Klöstern stammt); auf Hebräisch gibt es laut Brugger und Wiedl nur wenige Dokumente aus dieser Zeit.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft, 7.10.05
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Zur Reihe
Band 1 der Regesten "Von den Anfängen bis 1338", dem Jahr der ersten großen von Pulkau ausgehenden Verfolgungswelle gegen österreichische Juden, liegt nun vor, veröffentlicht im Studienverlag. Band 2 von 1339 bis 1365 (dem Todesjahr von Herzog Rudolph dem Vierten) soll in zweieinhalb Jahren folgen.
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->   Institut für Geschichten der Juden in Österreich
 
 
 
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01.01.2010