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Aussprache-Wörterbuch des Österreichischen  
  "Balkong" oder "Balkon", "Ägüpten" oder "Ägipten"? Bei der Aussprache vieler Worte herrscht oft Unsicherheit: Das erste österreichische Aussprachewörterbuch soll nun Abhilfe schaffen.  
Das Buch wird zur Zeit unter der Leitung des Germanisten Rudolf Muhr an der Universität Graz erarbeitet.
"Schemie" vs. "Kemie"
Während sich Österreicher über die deutsche "Schemie" und "Schina" belustigen und auf "Kaffe" und "Tabbak" ganz gut verzichten können, lächeln deutsche Bundesbürger über das österreichische "Kemie" und "Kina", den "Kafee" und den "Taback":

Während die Unterschiede zwischen deutscher und österreichischer Varietät im Bereich der Schriftsprache eher gering sind, so seien sie bei der gesprochenen Sprache doch nicht zu übersehen, so der Germanist Muhr.
Aussprachedatenbank mit 50.000 Einträgen
An die 50.000 Einträge umfasst die "Aussprachedatenbank des Österreichischen Deutsch" (ADABA), an der Muhr und Robert Höldrich von der Kunstuniversität Graz mit ihrem Team seit 2001 arbeiten. Das vom Jubiläumsfonds der Nationalbank geförderte Projekt zielt auf ein Aussprachewörterbuch ab.

Parallel dazu entsteht ein "sprechendes Wörterbuch" auf CD-ROM, die neben österreichischen Varianten auch deutsche und schweizerische enthält, um die Unterschiede nachvollziehbar zu machen.
Bewahrung von Eigentümlichkeiten
Die Bewahrung sprachlicher Eigentümlichkeiten als Teil der österreichischen Identität war für Muhr eine wichtige Motivation.

"Den Menschen fehlt es hier zu Lande an sprachlichem Bewusstsein", konstatiert der Germanist, der sich seit Jahren der Erforschung des österreichischen Deutsch und der Sprachpolitik widmet. Er initiierte u.a. auch die Wahl von "Wort" und "Unwort des Jahres".
Überkorrekturen durch Unsicherheit
In Film, Theater und der Musikbranche zeige sich die Tendenz zur bundesdeutschen Aussprachenorm, ärgert sich Muhr. "Ein Grund dafür ist, dass österreichische Institutionen seit Jahren mit privaten Sprecherziehern arbeiten, die nach dem bundesdeutschen Standard lehren", weiß Muhr.

"Aus Unsicherheit, was denn nun die korrekte Aussprache sei, kommt es nicht selten zu Überkorrekturen, wie beispielsweise zur Verwendung des anlautenden stimmhaften 's' oder stark behauchter stimmloser Verschlusslaute wie 'p' und 't'." Die ADABA soll Gewissheit über die eigene Norm geben.
Von der Lautschrift zum Sprechen
Beispielhafte sprachliche Äußerungen werden nun unter der Muhrs Aufsicht in Lautschrift transkribiert. Am Institut für Elektronische Musik und Akustik der Kunstuniversität werden die Sprecher aufgenommen.

Im Zuge des Projektes will man auch Grundlagendaten für österreichbezogene sprachtechnologische Anwendungen (Spracherkennung) schaffen und Materialien für den Einsatz im Deutschunterricht entwickeln.

[science.ORF.at/APA, 19.10.05]
->   Österreichisches Deutsch (Uni Graz)
 
 
 
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01.01.2010