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Sechster Geschmackssinn: Fett-Rezeptor entdeckt  
  Süß, salzig, sauer, bitter und umami für die proteinreiche Nahrung sind die bisher anerkannten fünf Geschmackssinne, die Menschen die Qualität von Nahrung wahrnehmen lassen. Französische und US-Forscher könnten nun einen sechsten gefunden haben: ein Glykoprotein, das die Zunge auch Fett schmecken lässt.  
Das Forscherteam um Fabienne Laugerette der Universite de Bourgogne in Dijon konnte nachweisen, dass das Glykoprotein CD36 den Appetit auf fettreiche Kost bei Mäusen und Ratten steuert.

Das Eiweiß mit angebundenem Zucker, das an den Spitzen der Geschmackszellen auf der Zunge vorkommt, könnte auch neues Licht auf die Behandlung von Fettleibigkeit werfen.
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Der Artikel "CD36 involvement in orosensory detection of dietary lipids, spontaneous fat preference, and digestive secretions" erschien in der Zeitschrift "Journal of Clinical Investigation" (DOI: 10.1172/JCI25299, 1. November 2005)
->   Abstract des Artikels
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CD36: Erster Kandidat für Fett-Detektor
Die Forscher testeten im Experiment die Fettvorlieben und das Futterverhalten bei Mäusen und Ratten. Zum Beispiel verglichen sie die Reaktionen von "normalen" Mäusen, die das Glykoprotein CD36 besitzen, mit Mäusen, denen CD 36 durch genetische Veränderung fehlte.

Bei der Auswahl zwischen fetthaltiger und nicht fetthaltiger Kost (mit gleicher Konsistenz), stürzten sich nur die normalen Mäuse auf die fettreiche. Bei den Mäusen, denen CD36 fehlte, ließen sich laut den Forschern keine ausgeprägte Vorliebe für die eine oder andere Speise erkennen.
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Fetterkennung "im Gehirn"
Bisherige Studien gingen davon aus, dass fettreiche Nahrung insbesondere über die Textur und den Geruch erkannt wird. Englische Forscher wiesen zum Beispiel nach: Wenn der Mensch fettreiche Nahrung verköstigt, so werden über die Beschaffenheit der Kost die Belohnungszentren im Gehirn aktiviert. Damit könnte auch der Heißhunger auf bestimmte Speisen erklärt werden.
->   Mehr dazu bei science.ORF.at
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Anregung fettspezifischer Verdauungssäfte
Laugerette und ihr Team zeigten, dass die durch Fettsäuren ausgelöste Stimulation von dem Glykoprotein CD36 das Verhalten sowie die Verdauungsphysiologie beeinflusst.

Denn ohne CD36 bliebt auch die Produktion von fettspezifischen Verdauungssäften aus, die grundsätzlich durch eine fettreiche Kost angeregt wird.

 
Grafik: JCI, Nada Abumrad

Eine Geschmacksknospe wird von 50 bis 100 Geschmackszellen gebildet. Der Fett-Rezeptor CD36 sitzt an der Oberfläche der Geschmackszelle.
Der Fettleibigkeit zu Leibe rücken
Die nachgewiesene Verbindung zwischen CD36 und Fettvorlieben ist laut den Forschern auch in Zusammenhang mit der Fettleibigkeit von Bedeutung.

Dass Nahrungsfett teilweise süchtig machen kann, ist laut Nada A. Abumrad der Washington University School of Medicine in einem begleitenden Kommentar zum Artikel in der Zeitschrift "Journal of Clinical Investigation" seit längerem bekannt. Sein übermäßiger Verzehr stehe im großen Zusammenhang mit Fettleibigkeit.

"Die Identifizierung von CD36 als der Geschmacksrezeptor für Fette hat sehr wahrscheinlich klinische Bedeutung", schreibt Abumrad. Sobald mehr über den Mechanismus und die Funktion des Rezeptors bekannt sei, könnten damit neue Wege zur Bekämpfung einiger Formen der Fettleibigkeit geschaffen werden

[science.ORF.at, 2.11.05]
->   Universite de Bourgogne, Dijon
->   Department of Cell Biology, Lerner Research Institute
->   Washington University School of Medicine
Mehr dazu bei science.ORF.at:
->   Geschmacksgene prägen Essverhalten (1.3.05)
->   "Virtual Reality" erobert den Geschmackssinn (1.8.03)
->   Die Signalwege der Geschmacksverarbeitung (11.2.03)
 
 
 
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01.01.2010