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Humor wirkt geschlechtsspezifisch  
  Ein weiterer Unterschied, der Frau und Mann trennt: Das Gehirn reagiert offenbar geschlechtsspezifisch auf Humor. Das fanden Neurobiologen heraus, die die Wahrnehmung von Cartoons untersuchten. Das Ergebnis ihrer Studie: Obwohl beide Geschlechter dieselben Cartoons witzig fanden, wurden bei Frauen einige Bereiche des Gehirns stärker aktiviert als bei Männern.  
"Die Resultate helfen, frühere Erkenntnisse zu erklären, denen zufolge Frauen und Männer Humor auf unterschiedliche Weise annehmen", sagt Allan L. Reiss. Der Psychologe und seine Kollegen der Stanford University School of Medicine erwarten sich von ihren Ergebnissen u.a. ein neues Verständnis über das Auftreten von Depressionen als Ausdruck negativer Emotionen.
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Der Artikel "Individual differences in humor appreciation: Sex differences in brain activation elicited by humor" erschien in der Zeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America" (7.11.2005, DOI: 10.1073/pnas.0408456102).
->   Artikel (sobald online)
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Humor aktiviert unterschiedliche Gehirnbereiche
Vorhergehende Studien hatten bereits gezeigt: Verschiedene Bereiche des Gehirns spielen beim Umgang mit Humor eine Rolle - inklusive dem präfrontalen Kortex (Vorderhirnlappen), der für die Sprachverarbeitung und Aufmerksamkeit verantwortlich ist.

Die geschlechtsspezifischen Gehirnaktivitäten als Reaktion auf einen Witz wurden laut den Forschern bislang aber nicht untersucht.
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Witze wirken wie Kokain
Im Jahr 2003 hatten Reiss und seine Kollegen bereits herausgefunden, dass ein witziger Cartoon die gleiche Gehirnregion anregt, wie es etwa Kokain tut, nämlich den "Nucleus accumbens". Diese Region wird beim Lachen mit dem Neurotransmitter Dopamin versorgt - Auslöser für das Belohnungsgefühl und die Euphorie, die ein guter Witz erzeugen kann (Neuron 40, S.1041).
->   Zum Abstract der Studie
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"Nucleus accumbens" bei Frauen stärker aktiviert
Zwanzig Erwachsene (10 Frauen, 10 Männer) betrachteten 70 Schwarz-Weiß-Cartoons, die sie auf einer Skala von eins bis zehn auf ihren Humorgehalt hin einstufen sollten. Mit Hilfe von funktioneller Magnetresonanztomographie erhoben die Forscher die Gehirnaktivität.

Die Männer und Frauen zeigten ähnliche Gehirnaktivitäten, u.a. im jenem Bereich, der für das semantische Wissen verantwortlich ist.

Es gab jedoch einige Gehirnregionen, die bei Frauen mehr aktiviert wurden, darunter ein Teil der linken vorderen Hirnrinde (für Sprachverarbeitung und Aufmerksamkeit) und der "Nucleus accumbens", das Erwartungs- und Belohnungszentrum.

Laut den Forschern ist dies ein Hinweis auf eine analytischere Verarbeitungsweise beim weiblichen Geschlecht.
Der kleine Unterschied
 
Bild: PNAS

Reaktion auf Humor: Gewisse Bereiche im Gehirn werden bei Frauen stärker aktiviert als bei Männern, so zum Beispiel der "Nucleus accumbens" im Belohnungszentrum (grüne Pfeile).
Grund: Weniger Erwartung vom Witz
"Frauen schienen weniger eine Erwartungen der Belohnung zu haben, was in diesem Fall die Pointe des Cartoons war", erklärt Reiss. Als sie die Pointe erfasst hatten, waren sie eher erfreut darüber. Somit werde bei ihnen eine größere Aktivität im "Nucleus accumbens" hervorgerufen, wenn es diese Belohnung gibt.

Die Männer schienen hingegen bereits von Anfang an zu erwarten, dass die Cartoons witzig sind. Die Aktivierung im "Nucleus accumbens" war entsprechend gering.

Sollte damit erwiesen sein, dass das Belohnungszentrum und andere Regionen bei Frauen eher empfänglich für emotionale Stimuli (positive wie auch negative) seien, schreiben die Forscher, so könnte das erklären, warum Depressionen bei zwei Mal häufiger bei Frauen als bei Männern auftreten. Es gäbe zudem Potenzial zur Entwicklung neuer Therapien.

[science.ORF.at/dpa, 8.11.05]
->   Stanford University School of Medicine
Mehr zum Thema Humor bei science.ORF.at:
->   Der lustigste Witz der Welt (4.10.2002)
->   Wenn das Gehirn lacht (26.2.2001)
 
 
 
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01.01.2010