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Schönborn plädiert erneut für "Design" in der Natur  
  Der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn hat seine Kritik an der Evolutionstheorie erneuert und dafür alternative Sichtweisen eingefordert: etwa jene, nach "Design" in der Natur zu suchen.  
Zufall oder Plan?
In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" sagte Schönborn laut Kathpress-Meldung vom Montag, viele andere Probleme "auch im Bereich des Zusammenlebens der Menschen" würden mit dieser wissenschaftstheoretischen Diskussion zusammenhängen. Entscheidend sei die Frage: "Ist der Mensch ein Produkt des Zufalls oder ist er gewollt?"
Methodische Einschränkung der Wissenschaft
Die "faszinierenden" Fortschritte der Wissenschaft in der Gegenwart beruhten auf einer methodischen Einschränkung, sagte Schönborn. "Man begnügt sich bewusst damit, nur das zu erforschen, was messbar und zählbar ist".

Aber jede Einschränkung bringe auch Grenzen mit sich; daher blieben alle Fragen, die das Warum der Existenz betreffen - "woher wir kommen und wohin wir gehen" - außerhalb der naturwissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeit.
"Die Vernunft erkennt einen Plan"
"Wenn Naturwissenschaftler behaupten, dass ihre Entdeckungen die ganze Wirklichkeit erfassen, wäre das eine Grenzüberschreitung. Da muss man - nicht so sehr aus Gründen des Glaubens als vielmehr aus Gründen der Vernunft - replizieren", sagte Schönborn.

Denn die Vernunft sei im Stande, im Universum eine Ordnung, einen Sinn oder einen Plan ("design") zu erkennen. Der menschliche Verstand gehe über das Messbare und Zählbare hinaus, er erfasse auch die großen metaphysischen Fragen, die Frage nach dem Sinn.
Schönborn erblickt "Design" im Kosmos
Er wolle aber nicht in den Streit verschiedener Denkschulen eingreifen: "Ich nenne 'design' (Plan), was jeder Mensch im Licht der Vernunft erkennen kann. Die naturwissenschaftlichen Methoden können innerhalb ihrer Grenzen dieses 'design' nicht beweisen.

Aber der Wissenschaftler ist auch ein vernunftbegabter Mensch, der imstande ist, über die Grenzen seiner Wissenschaft hinaus zu blicken". Wenn man die unglaublichen Feinabstimmungen betrachtet, die den Kosmos steuern, kommt man zur Erkenntnis, dass hier eine Rationalität am Werk ist.

In diesem Sinn beruhe seine Position nicht auf dem Glauben, sondern auf der Vernunft. Die Kirche verteidige hier die Vernunft
Abgrenzung von Fundamentalisten
Zugleich machte der Wiener Erzbischof im "Repubblica"-Interview deutlich, dass auch die christlichen Fundamentalisten irren, wenn sie meinen, das Eingreifen Gottes in die Schöpfung im Detail naturwissenschaftlich beweisen zu können.

Vom Standpunkt des Glaubens lasse sich aber sagen, dass "alles, was ist, eine transzendente Ursache voraussetzt, die das Universum erhält und seinem Ziel zuführt".
Deistische Reste in der Wissenschaft?
Die Berufung Darwins auf Gott (etwa in der zweiten Auflage seines Hauptwerks über den "Ursprung der Arten") sei ein Widerhall der "deistischen" Position, erinnerte Kardinal Schönborn: Gott wird nur am Anfang des Seins eine Position zugestanden, der Schöpfer überlasse dann sozusagen seine Schöpfung ihren eigenen Regeln, ohne einzugreifen.

Dagegen stelle der Heilige Thomas von Aquin fest, dass der Schöpfer nicht nur Urheber des Seins ist, sondern die Schöpfung trägt, erhält und leitet.

[science.ORF.at/APA, 8.11.05]
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01.01.2010