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Europäer stammen nicht von Steinzeit-Bauern ab  
  Der moderne Europäer stammt einer neuen Studie zufolge offenbar nicht von sesshaften Bauern ab, sondern von Jägern und Sammlern, die vor 40.000 Jahren auf dem Kontinent zu Hause waren. Ein internationales Anthropologen-Team analysierte die Mitochondrial-DNA von Bauern, die mehrere tausend Jahre nach den Jägern und Sammlern in Europa lebten.  
Ihr Ergebnis: Das von der Mutter übertragene Erbgut dieser späten Steinzeitmenschen weist gegenüber dem der heutigen Bevölkerung extreme Unterschiede auf.
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Die Studie "Ancient DNA from the First European Farmers in 7500-Year-Old Neolithic Sites" von Wolfgang Haak und Kollegen ist am 11. November 2005 in "Science" erschienen (Band 310, S. 1016-1018, DOI:10.1126/science.1118725).
->   Zum Original-Abstract (kostenpflichtig)
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Bäuerliche Abstammungslinie extrem selten
 
Bild: Science

Die Wissenschaftler um um Wolfgang Haak von der Universität Mainz untersuchten die DNA von 24 Skeletten von Bauern, die vor 7.500 Jahren auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands, Österreichs und Ungarns lebten.

Sechs der Skelette gehörten zur Abstammungslinie N1a. Doch diese Linie ist unter den modernen Europäern extrem selten, sie taucht nur bei zwei von tausend Menschen auf.

Bild oben: Das Skelett oben wurde im Jahr 2000 in Halberstadt (Deutschland) gefunden. Es war sehr gut erhalten und enthielt für Forschungszwecke verwendbare DNA vom Typ N1a.
Überraschendes Ergebnis
"Das hat uns sehr überrascht", sagt Koautor Joachim Burger, der wie Haak an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz arbeitet.

"Wir haben gedacht, dass das mitochondriale (also von der Mutter weitergegebene) Erbgut der frühen Bauern der heutigen Bevölkerung viel ähnlicher ist."
Vorbereitung auf die Analyse
 
Bild: Science

Zu Beginn der Analyse wurden alle Skelette mindestens eine Stunde lang von jeder Seite mit UV-Licht bestrahlt.
Europäer stammen von Jägern und Sammlern
Die Forschungsergebnisse legten daher nahe, dass der genetische Beitrag dieser Gruppe vermutlich gleich Null sei, fasst Peter Forster von der britischen Cambridge-University zusammen.

Da die N1a-Linie bei den heutigen Europäern nicht präsent ist, gehen die Forscher davon aus, dass diese von den Jägern und Sammlern abstammen.
Kritik an der Studie: Erbgut der Jäger nicht miteinbezogen
Die These ist nicht unumstritten. "Die Daten sind neu, die Analyse ist nicht überzeugend", kommentiert der Anthropologe Milford H. Wolpoff von der University von Michigan.

Sein Kollege Joao Zilhao von der Universität Bristol in England kritisiert, dass für die Analyse nicht das Erbgut der Jäger und Sammler mit einbezogen worden sei, obwohl in Höhlen in Deutschland zahlreiche Skelette gefunden worden seien. Die Schlussfolgerung der Forscher um Haak bedürfe der Überprüfung.

[science.ORF.at/APA/AP, 11.11.05]
->   Universität Mainz
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01.01.2010