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Neues Buch über die Lebensorte von Sigmund Freud  
  Berggasse 19 lautet eine der wohl bekanntesten Wiener Adressen. Ein neues Buch über die "Wiener Schauplätze der Psychoanalyse" beschreibt viele weitere Orte und erzählt so von den Anfängen der Psychoanalyse.  
Auch im Buch von Lisa Fischer und Regina Köpl bildet die Wohnung und Praxis in dem damals neu gebauten Gründerzeithaus am Alsergrund, in das Sigmund Freud 1891 einzog und in dem er bis zu seiner Vertreibung durch die Nationalsozialisten 1938 lebte und arbeitete, den Ausgangspunkt der Recherche.
Lebendige Darstellung des Umfelds
Es werden aber auch zahlreiche andere Orte besucht, deren Zusammenhang mit Freud nicht allgemein bekannt ist. Es gelingt den beiden Autorinnen, deren Spezialgebiete Geschichte und Kulturgeschichte, Politologie und Soziologie sind, anhand eines Rundgangs zu den Plätzen auch eine lebendige Darstellung des Umfelds von Freud zu geben.
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Das Buch "Sigmund Freud. Wiener Schauplätze der Psychoanalyse" von Lisa Fischer und Regina Köpl ist im Böhlau Verlag erschienen. Es wird am 16.11. präsentiert.
->   Infos zu Präsentation und Buch
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Frauen waren die wesentlichen Förderer Freuds
Die wesentlichen Förderer Freuds waren Frauen, lautet eine der Grundthesen des Buches. Nicht nur der reine Frauenhaushalt, die Arbeit seiner Gattin und seiner Tochter Anna.

Auch seine wichtigsten Patientinnen - die später manchmal selbst Analytikerinnen wurden - wie Marie Bonaparte oder Bertha Pappenheim, haben als "Netzwerk weiblicher Unterstützung" erst dafür gesorgt, dass Sigmund Freud seine Gedanken in Ruhe entwickeln konnte. Sogar seine berühmte, heute in London stehende Couch wurde ihm von einer Frau geschenkt.
Besuch von Lehrstätten und Wohnungen
Besucht werden Stätten der Lehre wie das Chemische Institut, das Alte AKH oder die alte Universität, in denen Freud mit seinem Medizin-Studium sich die Grundlagen im Wissen um den Menschen erarbeite, Wohnungen seiner wichtigsten Patienten (die reiche Prinzessin Marie Bonaparte pflegte allerdings im topmodernen Hotel Bristol abzusteigen, dem damals nach der Hofburg zweitgrößten Stromabnehmer Wiens) oder das Cafe Landtmann, von wo Freud nicht selten in den ersten Stock wechselte, um in der Wohnung der großbürgerlichen Familie Lieben Gast zu sein.

Anna von Lieben war lange Zeit eine für die Weiterentwicklung der "Redekur" wichtige Patientin, leider sind die Aufzeichnungen über ihre Erfahrungen dabei nicht erhalten.
Erholungsorte werden aufgesucht
Natürlich kommt auch die psychiatrische Anstalt "Am Steinhof" vor. Hier starb 1979 der letzte noch lebende Patient Freuds, Sergej Pankejeff, der als "Wolfsmann" berühmt wurde.

Auch jene Stätten der Ruhe und Erholung im Wienerwald, in die sich Freud gerne zurückzog, werden behandelt - Träume und ihre Interpretation wurden schließlich ein Meilenstein für Freuds Anerkennung.

"Hier enthüllte sich am 24. Juli 1895 dem Dr. Sigm. Freud das Geheimnis des Traumes", heißt es etwa auf einem Gedenkstein beim Schloss Belle Vue.
Auch ein Mordfall kommt vor
Aber auch ein dunkles Kapitel bleibt nicht unerwähnt: 1924 sorgte ein spektakulärer Mordfall im Umkreis der Psychoanalyse für Aufsehen und erregte öffentliche Diskussionen. Ein junger Mann ermordete seine Tante.

Hermine Hug-Hellmuth, eine Pionierin der Kinderpsychoanalyse, hatte ihren Neffen analysiert und als "interessanten Fall" publiziert. Der Täter verantwortete sich damit, dass "die psychoanalytische Erziehungsmethode" bei ihm fehlgeschlagen sei: "Psychoanalyse tagaus tagein richtet einen Menschen zugrunde".

[science.ORF.at/APA, 15.11.05]
 
 
 
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01.01.2010