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Experten: Erwartung an Jugend immer erdrückender  
  Kinder und Jugendliche stehen im Europa des 21. Jahrhunderts ganz anderen Anforderungen gegenüber als noch ihre Elterngeneration. Die Erwartungen werden laut Jugendforschern immer größer und erdrückender.  
Zu diesem Schluss kommen die Teilnehmer eines Internationalen Symposions in Wien, das das Österreichische Institut für Jugendforschung veranstaltet.
Rennpferde im Lebenswettlauf
Es müssen nicht Steine werfende und brandschatzende Großstadtjugendliche sein, die aus ihrer Mutlosigkeit in radikale Lebensformen rutschen.

Das Symptom der Orientierungslosigkeit der Kleinen in einer Gesellschaft, die ihre Kinder als Rennpferde in einen gnadenlosen Lebenswettlauf schickt, beginnt schon in der biederen Kinderstube und im wohlgeordneten Klassenzimmer.
Vom "Leben wie auf Schienen" keine Spur mehr
"Ohne Fleiß kein Preis" hat daher das Österreichische Institut für Jugendforschung sein Symposion genannt.

Diese puritanische Devise ist nicht neu, aber vor hundert Jahren richtete sie sich vor allem an die Kinder der Mittelschicht, deren Karrieren in Staatsdienst oder Privatwirtschaft auf Schienen verliefen, und die schon damit eine Aufstiegsgarantie in der Tasche hatten, derer sie sich mit fleißigem Büffeln und Studieren würdig erweisen konnten.

Heute ist das ganz anders: Nichts im Leben eines Kindes in unseren Breiten ist beruflich vorgezeichnet, alles kann passieren.
Immer früher Wirtschaftsgut und Produktivkraft
Warum das so gekommen ist, erklärt Andreas Lange von Deutschen Jugendinstitut München. Das Konzept von Kindheit wird derzeit an einer Epochenschwelle neu erfunden, sagt er:

"Das heißt, die Vor- und Nachteile des Aufwachsens im 21. Jahrhundert. Ein Vorteil ist, dass sich immer mehr gesellschaftliche Gruppen mit Kindern befassen.

Negativ ist, dass Kinder aufgrund ihrer geringen Zahl immer früher als 'Wirtschaftsgut' angesehen werden, um dann später 'produktive Staatsbürger' zu werden."
Immer weniger sollen immer mehr können
Dort liegt also einer der Gründe: Die Kinder werden immer weniger, und müssen daher immer mehr können. Das gilt natürlich nur für die Erste, die westeuropäische, die wohlhabende Welt.

Was sollen aber jene tun, denen das zu hartherzig klingt, die ihrem Kind die Jahre des Heranwachsens nicht mit Karriereplanung verbarrikadieren wollen, sondern ihm das lassen wollen, was man früher Kindheit nannte?
Was eine gelungene Kindheit ausmacht
Jugendforscher Lange: "Eine gelungene Kindheit bemisst sich an dem Spannungsverhältnis zwischen Schaffen eines gelungenen Lebens hier und jetzt plus einer vernünftigen Perspektive für die Zukunft. Diese beiden Spannungsfelder bewältigen nicht alle Eltern gleich gut."

Und er setzt noch hinzu: Dass die Eltern wie oft behauptet wird immer mehr Verantwortung auf die Schule abschieben, sei durch Untersuchungen nicht eindeutig belegbar.

Martin Haidinger, Ö1-Wissenschaft, 2.12.05
->   Österreichisches Institut für Jugendforschung
 
 
 
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01.01.2010