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"Krebsimpfung": Erfolge am Wiener AKH  
  Euphorie ist fehl am Platz, aber Wiener Forscher haben Fortschritte bei der Immuntherapie von Krebs durch eine Impfung gemacht. Bisher wurden bereits knapp 100 Patienten behandelt.  
Ihnen wurden individuelle Vakzine aus so genannten dendritischen Zellen an der Universitätsklinik für Chirurgie am Wiener AKH verabreicht.

"Die Therapie war exzellent verträglich. Besonders wirksam ist sie offenbar beim medullären Schilddrüsenkarzinom", sagte Michael Gnant am Donnerstag gegenüber der APA.
Patienten-eigene Vakzine
Die Studien, an denen Anton Stift und Josef Friedl beteiligt sind, begannen schon vor rund sechs Jahren. Die Wissenschaftler entwickelten dabei eine spezielle Methode zur Herstellung patienten-eigener Tumorvakzine.

Dabei werden bestimmte antigen-präsentierende Zellen - dendritische Zellen - aus dem Blut der Kranken gewonnen. Im Labor werden sie vermehrt und "trainiert".

Dendritische Zellen patrouillieren durch den Körper des Menschen, nehmen fremde Antigene - zum Beispiel Krankheitserreger - mit ihren "Tentakeln" auf, verarbeiten sie und präsentieren typische Bruchstücke von ihnen den T-Zellen. Letztere kurbeln dann die Abwehrreaktion an.
->   Schilddrüsenkrebs (onkologie.de)
Dendritische Zellen aus dem Blut
In Sachen Krebs geht es bei den wissenschaftlichen Arbeiten in Wien darum, die dendritischen Zellen der Patienten eben mit Antigenen aus ihrem Tumor zu "beladen", um damit wieder eine Immunreaktion gegen das Karzinom in Gang zu bringen.

Gnant: "Dazu werden die dendritischen Zellen aus dem Blut der Patienten fünf Tage lang im Labor ausgereift, so dass sie dann aktiviert sind. In den beiden darauf folgenden Tagen - insgesamt dauert das 'Training' eine Woche - werden sie dann mit den Tumor-Antigenen versetzt."
->   Dendritische Zellen (Wikipedia)
Bereits 1.000 Impfungen durchgeführt
Die Vakzine wird dann den Patienten injiziert. Pro Impfung - sie wird wiederholt - sind das zwischen einer Million und fünf Millionen solcher Zellen.

Wie bei allen derartigen frühen Studien kamen bisher für die experimentelle Behandlung vor allem Krebspatienten in Frage, bei denen praktisch alle vorhandenen Therapien bereits wirkungslos geblieben waren.

Insgesamt - so eine Aussendung der Medizinischen Universität Wien - wurden schon rund 1.000 solcher aufwändig individuell produzierte Impfstoffe angewendet.
Wirkung v.a. bei Schilddrüsenkrebs
Gnant fasste die bisherigen Erfahrungen so zusammen: "Speziell bei Patienten mit einem so genannten medullären Schilddrüsenkarzinom ist eine solche Impfung offenbar wirksam. Die Tumoren stabilisieren sich. Einige der behandelten Patienten leben noch nach Jahren."

Wenn solche Kranke bereits eine metastasierende Erkrankung aufwiesen, bei der es kaum noch andere Behandlungsmöglichkeiten gäbe, wäre die Vakzine "fast schon so etwas wie eine Standardtherapie."

Allerdings wissen die Ärzte noch nicht, warum gerade bei solchen Erkrankungen die Impfung besonders wirkt.
Wem aller geholfen werden kann, noch unklar
Der Chirurg: "Bei Bauchspeicheldrüsen-Karzinomen ist die Wirksamkeit unterschiedlich. Da gibt es Kranke, die sehr gut ansprechen, andere wiederum gar nicht. Wir wollen in Zukunft klären, wie wir Patienten identifizieren können, bei denen die Vakzine am ehesten wirken würden."

Derzeit laufen die Vorbereitungen für eine größer angelegte Studie auf Wirksamkeit solcher Vakzine bei Lungenkrebspatienten.

[science.ORF.at/APA, 12.1.06]
->   Medizin-Uni Wien
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01.01.2010