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Gen-Diagnose von Dickdarmkrebs wäre möglich  
  5.000 Österreicher erkranken pro Jahr an Dickdarm-Krebs. Bis zu zehn Prozent von ihnen haben eine erbliche Form. Gentests könnten in Risikofamilien Nicht-Betroffene identifizieren.  
Diese werden aber von den Kassen nicht bezahlt, kritisierten Wiener Mediziner am Mittwochnachmittag in Wien.
Reparaturbedürftiges Reparatur-Gen
Dickdarmkrebs entwickelt sich durchschnittlich innerhalb von sieben Jahren. Bei Früherkennung ist die Überlebenschance gut, im Spätstadium ist keine Heilung mehr möglich.

Bei bis zu zehn Prozent der Dickdarm-Patienten zählen nicht mangelnde Bewegung, fette Ernährung und Übergewicht als mögliche Verursacher, sondern eine Mutation in einem Reparatur-Gen (MMR Mismatch Repair Gen).
Bis zu 1.000 Familien in Österreich
80 Familien mit dieser genetischen Veränderung sind derzeit in Österreich bekannt; insgesamt schätzen Ärzte vom Wiener AKH die Zahl der betroffenen Familien in ganz Österreich auf 1.000.

Angehörige dieser Familien haben ein besonders hohes Risiko an Dickdarm-Krebs zu erkranken, sagt Judith Karner-Hanusch von der Universitätsklinik für Chirurgie am Wiener AKH.
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Sie schildert eine Patientengeschichte auf Radio Österreich 1: "Ein 35-jähriger Patient, dessen Schwester mit 25 an einem Rektumkarzinom erkrankt ist und wo wir die Mutation entdeckt haben. Der 35-jährige trägt ebenfalls die Mutation und kommt daher einmal pro Jahr zur Koloskopie. In den vergangenen Jahren habe ich ihm ganz kleine dysplastische Adenome entfernen können. Wenn er nicht zu mir gekommen wäre, hätte er schon zwei Mal Krebs gehabt."
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Definition von hohem familiärem Risiko
Judith Karner-Hanusch setzt sich für die genetische Analyse von Hochrisikopatienten ein. Zu den Kriterien zählen zumindest zwei Dickdarm-Tumoren bei direkten Verwandten, zwei betroffene Generationen und wenn die Angehörigen besonders jung erkrankt sind (jünger als 55 Jahre).

Eine andere Definition von hohem familiärem Risiko: zwei kolorektale Tumoren in einer Familie plus ein drittes Karzinom in jungem Alter oder ein Endometriumkarzinom.
Effektivere Vorsorge
Mit Hilfe von Gentests könnten letztlich viele Vorsorgeuntersuchungen und Kosten gespart werden, sagt Michael Krainer, Leiter des Programms für gynäkologische und urologische Tumore und Genberatung vom AKH Wien im ORF-Radio:

"Jedes Familienmitglied in diesen Familien muss sich zur Vorsorge 50 Koloskopien plus 20 Gastroskopien bis zum siebzigsten Lebensjahr unterziehen. Personen ohne Mutation in diesen Familien (die man mit den genetischen Untersuchungen identifizieren kann) brauchen im selben Zeitraum nur vier Koloskopien."
Aber: Kasse zahlt Gen-Diagnose nicht
Die genetische Abklärung dauert zwischen drei Monaten und vier Jahren, sagt Judith Karner-Hanusch von der Universitätsklinik für Chirurgie am Wiener AKH.

Während der Test in der Schweiz oder den Niederlanden von den Krankenkassen bezahlt wird, sei das in Österreich nicht der Fall, kritisieren Judith Karner-Hanusch und Michael Krainer.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 26.1.06
->   Medizin-Uni Wien
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Dickdarm
 
 
 
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01.01.2010