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Placebo-Duell: Akupunktur siegt über Pille  
  Placebo-Effekte sind in der Medizin hinlänglich bekannt. Dass es bei Scheinbehandlungen aber auch Unterschiede gibt, haben nun US-Forscher bewiesen: Falsche Nadeln zeigen größere Wirkung als falsche Pillen. Und auch bei den Nebenwirkungen gibt es Unterschiede.  
Ted Kaptchuk von der Harvard Medical School untersuchte mit seinem Team die Wirkung verschiedener Placebo-Behandlungen zur Schmerzlinderung.

Sein Schluss im "British Medical Journal": Rituale sind auch in der medizinischen Versorgung bedeutend.
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Die Studie "Sham device v inert pill: randomised controlled trial of two placebo treatments" erschien als Online-Vorabveröffentlichung im British Medical Journal, (1.2.06; doi:10.1136/bmj.38726.603310.55)
->   Abstract der Studie
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Von Schein-Nadeln und Maisstärke-Pillen
Insgesamt 270 Freiwillige unterzogen sich den scheinbaren Therapien, ohne zu wissen, ob es sich dabei um eine "echte" oder Placebo Variante handelte. Die Patienten litten unter chronischen und wiederkehrenden Schmerzen, wie etwa Verspannungen.

Die eine Hälfte erhielt Maisstärketabletten zur täglichen Einnahme, die andere erhielt zwei Mal pro Woche eine Akupunkturbehandlung - die keine war.
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Placebo-Akupunktur
Der Heidelberger Mediziner Konrad Streitberger entwickelte im Jahr 1998 spezielle Placebo-Nadeln, die in ihrer Mechanik an Stichmesser aus einer Magier-Kiste erinnern. Unter Druck schieben sie sich teleskopartig in die Halterung zurück anstatt die Haut zu durchdringen. Für Patienten ein täuschend echter Anblick, zumal die wenigsten einen Unterschied zu einer "echten" Behandlung ausmachen können.
->   Akupunktur-Effekt im Gehirn nachweisbar (4.5.05)
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Aufwändige Behandlungen sind effektiver
Die Ergebnisse von Kaptchuks Studie beweisen, was bereits viele vermuteten: Aufwändige Behandlungen sind effektiver als einfache Pillen.

Zwar linderten beide Methoden die Schmerzen, doch Patienten mit Schein-Akupunktur beschrieben den Effekt deutlich stärker.
Erschwindelter Schwindel
Unterschiede zeigten sich auch bei den Nebenwirkungen: Die Probanden wurden im Vorfeld über potentielle (unerwünschte) Nebenerscheinungen der jeweiligen Behandlung aufgeklärt und sollten diese bei Auftreten melden.

So kam es, dass Patienten der Pillen-Gruppe über Schwindel (20 Prozent) und Trockenheit im Mund (19 Prozent) klagten, während sich Akupunktur-Behandelte über Schmerzen während der Behandlung (15 Prozent) beschwerten.
Erwartungshaltung bestimmt den Effekt
Damit wäre laut Kaptchuk auch der Beleg erbracht, dass die Wirkung von Blindpräparaten und Scheinbehandlungen durch Erwartungshaltungen gesteuert werden kann.

Die Patienten beschwerten sich über genau die Nebeneffekte, die ihnen zuvor angekündigt worden waren.

[science.ORF.at, 3.2.06]
->   Harvard Medical School
Mehr dazu auf science.ORF.at:
->   Placebos beeinflussen auch Gefühle positiv (15.6.05)
->   Placebo-Wirkung hängt von Arzt und Geschlecht ab (12.9.05)
->   Studie: Schmerzlindernde Wirkung von Akupunktur (7.1.04)
 
 
 
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01.01.2010