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Forscher deckt medizinhistorischen Irrtum auf  
  Ein Innsbrucker Forscher hat einen medizinhistorischen Irrtum aufgedeckt: Er konnte nachweisen, dass ein bedeutendes Verfahren zur Erzeugung von Bluthochdruck offenbar mehrmals erfunden wurde.  
Das verfahren wurde im Jahr 1934 publiziert. Der Innsbrucker Mediziner Bernhard Glodny wies nun nach, dass der Forscher Johann Lösch (geb. 1897) dieses Verfahren schon sehr viel früher entdeckt und auch veröffentlicht hatte.

Von der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurde Löschs Leistung aber nicht wahrgenommen. Die damals gewonnenen Erkenntnisse legten den Grundstein für die noch heute angewendeten Therapien bei Bluthochdruck und Herzinsuffizienz.
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Der Artikel "John Loesch, Discoverer of Renovascular Hypertension, and Harry Goldblatt: Two Great Pioneers in Circulation Research" wurde im Fachmagazin "Annals of Internal Medicine" (21.2.06, Bd.144, Seite 286-295) veröffentlicht.
->   Abstract des Artikels
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"Einer der meistzitierten Beiträge"
Im Jahr 1934 veröffentlichte der Amerikaner Harry Goldblatt (1891 - 1977) gemeinsam mit Kollegen einen Beitrag in der angesehenen Zeitschrift "Journal of Experimental Medicine". Darin wurde über ein Verfahren zur künstlichen Erzeugung von Bluthochdruck durch das Verengen der Nierenarterien berichtet.

"Dieser Artikel zählt zu den meistzitierten Beiträgen in der Medizingeschichte und war Auslöser einen ganzen Lawine von Forschungsarbeiten über den Bluthochdruck", erklärte Bernhard Glodny. "Goldblatts Name ist bis heute mit diesen Entwicklungen aufs Engste verbunden."
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Die Studie "Studies on Experimental Hypertension: I. The Production of Persistent Elevation of Systolic Blood Pressure by Means of Renal Ischemia" ist im März 1934 im Fachmagazin "The Journal of Experimental Medicine" (Bd.59, Seite 347-379) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Johann Lösch: Entdeckung bereits 1927
Lösch studierte an der Deutschen Universität Prag und emigrierte 1924 in die USA. In New York nahm er seine Forschungen zum Bluthochdruck auf und veröffentlichte schon 1927 erste Ergebnisse dazu.

1933 erschien der Beitrag im Zentralblatt für Innere Medizin, in dem Lösch demonstrierte, wie sich durch die Drosselung der Blutzufuhr in den Nierenarterien bei Hunden ein künstlicher Bluthochdruck erzeugen lässt. Damit stand erstmals ein stabiles Modell für die Hochdruckforschung zur Verfügung.

Auch stützte das Experiment die Vermutung, dass die Funktion der Niere ursächlich mit dem Bluthochdruck zusammenhängt. Dies führt zur raschen Aufklärung des Hormons Renin, das in der Niere produziert wird, und eine Folge von Prozessen im Körper auslöst, die schließlich den Blutdruck regulieren.
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"Zentralblatt Innere Medizin"
Das Fachmagazin "Zentralblatt Innere Medizin" wurde vom Springer-Verlag seit 1912 herausgegeben und durchlief mehrere Änderungen des Titels: Bis 1914: "Zentralblatt für die gesamte innere Medizin"; bis 1973 "Kongreßzentralblatt für die gesamte innere Medizin"; 1973-1986 in Unterreihen aufgeteilt; bis zur Einstellung 1991: "Zentralblatt Innere Medizin"; (Springer, 336.1986 - 348.1991; ISSN: 0722-9860; 0931-4695)
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Verhinderte Erfolgsgeschichte
Während Goldblatt die akademische Karriereleiter hinaufstieg, wurde Lösch nicht berühmt, sondern versank im Dunklen der Geschichte. Glodny nannte dafür drei mögliche Gründe:

Erstens hat Lösch seine Arbeit auf Deutsch publiziert, was damals noch durchaus verbreitet war. Zweitens arbeitete er in einem finanziell instabilen Umfeld. Drittens verließ Lösch nach der Veröffentlichung seines Beitrags das Feld der Bluthochdruckforschung.

All dies mag in Summe dazu geführt haben, dass seine Arbeit in der wissenschaftlichen Welt nicht wahrgenommen wurde, obwohl sie die wegweisenden Entdeckungen Goldblatts bereits vorwegnahm, führte Glodny aus.

[science.ORF.at/APA, 21.2.06]
 
 
 
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01.01.2010