News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Studie: Leistungssport ist Ursache von Doping  
  Die Vorgänge in Turin haben die Aufmerksamkeit auf das Thema "Doping" gelenkt. Laut einer deutschen Studie gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Wettbewerbsdruck und Doping-Missbrauch.  
Der Skandal um Österreichs Athleten bei den XX. Olympischen Winterspielen in Turin ist für den Sportökonomen Frank Tolsdorf von der deutschen Privatuniversität Witten/Herdecke nur die Spitze des Eisberges.

"Je dichter die Leistungen der Topathleten zusammen liegen, desto eher neigen Sportler dazu auf Dopingmittel zurückzugreifen", erklärt Frank Tolsdorf, der zusammen mit Alexander Dilger (Universität Münster) für die Studie verantwortlich zeichnet.
Organisation und Medien liefern Anreize
Die Studie bestätige zudem, dass es sich bei Dopingvorfällen nicht um ein individuelles Fehlverhalten einiger Athleten handelt, wie es gerne von Sportlern, Verbänden und gelegentlich auch Medien dargestellt wird.

"Vielmehr liegen in der Organisation des professionellen Sports und der diesen begleitenden Medien systematische Anreize für den Gebrauch von Dopingmitteln", resümieren Tolsdorf und Dilger.
Verbände nehmen Problematik in Kauf
"Die einzig wirklich geschädigten sind die Sportler und das erklärt auch, warum der Kampf gegen das Doping oft mit stumpfer Waffe geführt wird. Die Verstrickungen des aktuellen Dopingfalls bei den Winterspielen zeigen, dass Verbände und Betreuer die Dopingproblematik billigend in Kauf nehmen, wenn nicht sogar unterstützend tätig sind."
Leistungselite betroffen, nicht "kleine Fische"
Die Wirtschaftswissenschaftler untersuchten für ihre Studie insgesamt 154 Fälle nachgewiesenen Dopingmissbrauchs in insgesamt zwölf Disziplinen der Jahre 1999 bis 2003. Sie zeigten dabei auf, dass es sich bei den gedopten Athleten nicht um "kleine Fische", sondern tatsächlich um die Leistungselite des internationalen Sports handelt:

Unter den positiv getesteten Athleten befanden sich fünf Weltrekordler, sechs Olympiasieger, elf Weltmeister, acht Kontinentalrekordler, acht Kontinentalmeister, 24 nationale Rekordler und elf nationale Meister.
...
Who is Who der Sportszene
"Die Liste mit den des Dopings überführten bzw. verdächtigten Athleten liest sich wie das 'Who is Who' der Sportszene", betont Tolsdorf. Neben den überführten Dopingsündern Tim Montgomery (USA/Weltrekordhalter über 100 Meter), Kelli Withe (USA/zweifache Sprint-Weltmeisterin, der aber beide Leichtathletik-WM-Titel wegen Dopings wieder aberkannt wurden) und David Millar (GBR/Rad-Zeitfahr-Weltmeister) steht auch Leichtathletik-Superstar Marion Jones (USA/fünffache Medaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney) unter Verdacht, illegale und leistungssteigernde Präparate benutzt zu haben.
...
Spitze des Eisbergs
Die Vermutung, dass diese Fälle nur die Spitze des Doping-Eisberges sind, wird für die Forscher der Privatuniversität Witten/Herdecke durch ihre wissenschaftlichen Untersuchungen gestützt.

"Die Studie zeigt, dass von einem 'sauberen Sport' weiterhin keine Rede sein kann", lautet Tolsdorfs Schluss. "Immer wieder fallen Topsportler aus den unterschiedlichsten Disziplinen durch positive Dopingtests auf."

[science.ORF.at, 23.2.06]
->   Frank Tolsdorf, Privatuniversität Witten/Herdecke
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Des Dopings überführt - alles nur "Chimäre"? (12.5.05)
->   Schneller, höher, weiter: Grenzen der Leistung (17.8.04)
->   Zusammenhang von Leistungsdichte und Doping (5.8.04)
->   Muskel-Doping dank Gentechnik (17.2.04)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010