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Moderner Mensch besiedelte Europa früher als gedacht  
  Die Besiedlung Europas durch den modernen Menschen könnte früher begonnen haben als bisher angenommen. Zudem war der Kontinent vermutlich auch schneller besiedelt - zum großen Nachteil der Neandertaler.  
Zu diesem Schluss kommt Paul Mellars von der britischen Universität Cambridge auf Grund von Fortschritten in der Altersbestimmung durch die Radiokarbonmethode (C14-Messung), wie die Fachzeitschrift "Nature" berichtet.
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Der Artikel "A new radiocarbon revolution and the dispersal of modern humans in Eurasia" ist in "Nature" (Bd. 439, S. 931, 23. Februar 2006) erschienen.
->   Abstract
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Genauere Altersbestimmungen durch feinere Methoden
 
Bild: Nature

Eine bessere Probenabtastung und Kalibrierung des Radiokarbon-Alters habe bereits zur Neueinstufung von Tiefsee-Proben aus der Zeit vor 30.000 bis 40.000 Jahren geführt - aus der Zeit, mit der Experten die Ankunft des modernen Menschen in Europa in Verbindung bringen.

Viele der Radiokarbon-Altersbestimmungen der vergangenen 40 Jahre dürften deshalb auch in anderen Bereichen das tatsächliche Alter der untersuchten Fundstücke unterschätzen, schreibt Mellar.

So wurden beispielsweise die Zeichnungen von Löwenköpfen aus den Chauvet-Höhlen im südöstlichen Frankreich (Bild oben) ursprünglich auf ein Alter von 31.000 bis 32.000 Jahre vor Christus datiert, doch nach neueren Untersuchungen sollen sie bereits 36.000 Jahre vor Christus entstanden sein.
->   Radiokohlenstoff-Datierung (Wikipedia)
Mensch und Neandertaler: Kürzere Koexistenz?
Aufgrund der neuen Daten muss das Kapitel der Besiedlungsgeschichte Europas durch den Homo sapiens wohl überarbeitet werden:

Anhand von vorhergehenden Altersbestimmungen gingen Experten davon aus, dass mindestens 7.000 Jahre zwischen der Ankunft vom Homo sapiens im östlichen Europa - vor mehr als 40.000 Jahren - und dem Verschwinden der letzten Neandertaler (H. neandertahlensis) aus dem westlichen Frankreich verstrichen. Doch die neuen Daten verringern diesen Zeitraum auf 5.000 Jahre.

Das deutet darauf hin, dass die Verdrängung des Neandertalers durch den modernen Menschen vermutlich auch schneller erfolgte als bisher angenommen. Die Ankunft des modernen Menschen wurde vormals auf vor 43.000 Jahren festgelegt, vor 36.000 Jahren war der ganze Kontinent eingenommen. Laut Mellars sprechen die korrigierten Zahlen nun von einer Ankunft vor 46.000 Jahren und einer umfassenden Kolonisation vor 41.000 Jahren.
Der moderne Mensch verdrängte Neandertaler
Trotz der besseren Anlage gegen die Kälte - solch einen Zustrom hätten die Neandertaler nicht gut verkraftet: "Der moderne Mensch hatte die besseren Waffen sowie die komplexere Sprache und er war besser organisiert", sagt der Forscher. "Einmal angekommen blieb dem Neandertaler nicht mehr viel Zeit, die Invasion zu überleben."

Für das Aussterben des Neandertalers seien vermutlich zwei "Angriffswellen" bei fortschreitender Besiedlung durch den modernen Menschen sowie ein Kälteeinbruch verantwortlich gewesen.

Mellars wäre überrascht, wenn die zwei Arten an einem Ort länger als 1.000 Jahre nebeneinander existiert hätten.

[science.ORF.at/APA/AFP, 23.2.06]
->   Department of Archaeology, Cambridge University
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->   Klimaforscher: Kälte ließ Neandertaler aussterben (22.1.04)
 
 
 
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01.01.2010