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Projekt zur Gesundheitsregion Ost-Österreich  
  Die EU plant bis zum Jahr 2013 grenzüberschreitende Gesundheitsregionen in den Mitgliedsstaaten. Das Projekt "Healthregio" hat nun die Bedingungen in Ost-Österreich, Tschechien, Slowakei und Ungarn untersucht.  
Synergien nutzen
Durch Gesundheitsregionen können gut ausgestattete Gesundheitszentren, Fachärzte und Pflegepersonal besser genutzt werden.

Patienten können durch ein größeres Gesundheitsangebot Kosten sparen und weite Wege vermeiden. Denn gerade in Grenzregionen sind oft Krankenhäuser, Kuranstalten und so manche Fachärzte näher als im eigenen Land.

Das EU-Projekt "Healthregio" hat untersucht, welche Möglichkeiten die grenzüberschreitende Region Mittel- und Osteuropa bieten kann.
Zahnersatz in Ungarn
So manche Patienten, die es sich leisten können, kommen bereits aus den östlichen Nachbarländern nach Österreich zu Behandlungen in Spezialkliniken. Viele Patienten, die es sich nicht leisten können, fahren von Österreich nach Ungarn, um sich einen Zahnersatz machen zu lassen.

Die Healthregio-Projektleiter sammeln seit zwei Jahren Daten über den Patientenflow und den Austausch von Gesundheitspersonal über die Grenzen hinweg. Die Datenanalyse von Healthregio zeigt: Wien und Niederösterreich haben wesentlich mehr niedergelassene Ärzte, mehr Krankenanstalten und spezialisierte Kompetenzzentren als die östlichen Nachbarn.

Auf der anderen Seite verfügen einzelne Regionen in Tschechien, der Slowakei und Ungarn über mehr Fachärzte, Rehab- und Kurzentren. Nun gehe es darum, die Patienten über die Behandlungsmöglichkeiten in den Nachbarländern zu informieren und dies in kontrollierte Bahnen zu lenken, sagt Martin Wieland vom Institut für Gesundheitsmanagement.
Große Unterschiede der Gesundheitssysteme
"In den nächsten Jahren müssen die Gesundheitssysteme der Länder angeglichen werden", sagt der wissenschaftliche Leiter von Healthregio, August Österle vom Insitut für Sozialpolitik der Wirtschaftsuniversität Wien:

"Die Unterschiede, vor allem zwischen den alten und neuen Mitgliedsländern, sind noch zu groß - etwa in den Versicherungssystemen. In der Slowakei beispielsweise gibt es mehrere Krankenversicherungsträger, die als Aktiengesellschaften organisiert sind. Patienten haben dort Wahlmöglichkeiten zwischen den Versicherungen."

"In Ungarn gibt es nur einen Krankenversicherungsträger, der für die gesamte Bevölkerung zuständig ist. In Österreich haben wir die Situation, dass es mehrere Krankenversicherungsträger gibt, aber keine Wahlmöglichkeiten für die Patienten", so Österle:

"Wenn die Sozialversicherungsträger und Krankenkassen über die Grenzen hinweg Verträge miteinander abschließen, könnten die Gesundheitseinrichtungen effizient genutzt werden. Durch gemeinsame Nutzung könnte man Geld sparen."

Ein wichtiger Vorteil bestehe darin, dass hoch spezialisierte Infrastrukturen einen relativ großen Bevölkerungsteil versorgen. Es mache keinen Sinn, diese Grenzen an den staatlichen Grenzen zu ziehen, sondern die Wirkungsbereiche nach den Distanzen zu orientieren.
Euregio Maas-Rhein
"Die 'Euregio Maas-Rhein', die das Dreieck Holland, Deutschland und Belgien umfasst, hat schon längere Erfahrung mit gemeinsamer Gesundheitsregion", sagt der Koordinator von Euregio, Jaques Scheres von der Universitätsklinik Maastricht:

"Unsere Krankenkassen haben entdeckt, dass sie die gemeinsame Region für die Patienten nutzen können. Zum Beispiel dort, wo sie im eigenen Land lange Wartelisten haben."

"Wenn eine alte Dame etwa bis zu einem Jahr auf ein Hüftgelenk warten muss, stimmen die Kassen einer Operation in einem anderen Land dieser Region zu. Die Patienten können auch die unterschiedlichen Zahlungsmodalitäten nutzen - etwa bei den Eigenanteilen", so Scheres.

"Weil es in den drei Ländern auch unterschiedliche Eigenzahlungen gibt, kann zum Beispiel Belgiern bei uns billiger geholfen werden, weil sie bei uns keine Eigenanteile haben", sagt Scheres: "Der wichtigste Vorteil ist aber, dass die Patienten in jedem Land die bestmögliche Versorgung wählen können."
Abwanderung von Personal
Die Kluft in der Wirtschaftskraft der östlichen Nachbarländer Österreichs hat zu einer Abwanderung des medizinischen Personals in die zahlungskräftigeren Länder geführt. Pflegepersonal aus der Slowakei verdient in Österreich zum Beispiel um ein Drittel mehr als in ihrem Heimatland.

Pflegepersonal aus der Slowakei wandert deshalb nach Österreich ab und die Slowakei muss diese Lücke mit Pflegepersonal aus der Ukraine auffüllen. Ein Ziel von Healthregio ist, dass Entlohnung und Ausbildung des Personals angeglichen werden.

Das würde dem Pflegepersonal und den Ärzten in allen Ländern die gleichen Chancen bieten und die Patienten würden in allen Ländern die gleiche Versorgungsqualität vorfinden.
Gesundheits-Broker
Die Patienten haben derzeit noch zu wenig Information über grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung. Sie wissen zum Beispiel zu wenig über Abrechnungsmodalitäten: etwa, wo sie von ihren Versicherungen wie viel ersetzt bekommen. In den derzeitigen Gesundheitsregionen der EU sind auch Abrechnungen ohne Barzahlung geplant.

Die Patienten wissen derzeit auch meist nicht, wo sie die für ihren Krankheitsfall optimale Versorgung finden. Um die Patienten dabei zu unterstützen sind Gesundheits-Broker geplant, die individuelle Möglichkeiten ausfindig machen.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft, 28.2.06
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01.01.2010