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Neue Biotech-Medikamente gegen Gelenksrheuma  
  Rund zwei Millionen Menschen leiden in Österreich unter einer Form von Rheuma. Bei einer Expertentagung wurden zwei neue Biotech-Medikamente vorgestellt, die noch heuer auf den Markt kommen.  
Am wichtigsten sei ein möglichst rascher Behandlungsbeginn bei Auftauchen von Symptomen, betonten Experten bei der 39. Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Saalfelden (bis 10. März).

Die traditionell jährlich größte österreichweite Fortbildungsveranstaltung der Pharmazeuten steht in diesem Jahr unter dem Motto "Rheuma".
78 Prozent der Patienten sind Frauen
Am gefährlichsten ist das Gelenksrheuma. "Etwa ein Prozent der Bevölkerung hat eine solche rheumatoide Arthritis (auch chronische Polyarthritis, Anm.). Die Entzündung führt zur Aktivierung jener Zellen, die Knorpelgewebe und Knochen auffressen", sagte der Rheumatologe.

Besonders häufig sind Frauen betroffen. Erlacher: "78 Prozent der Patienten sind Frauen, 22 Prozent Männer. Die Folgen sind dramatisch. Nach zehn Jahren sind 50 bis 60 Prozent der Betroffenen arbeitslos."
Schnelle Diagnose entscheidend
Entscheidend seien eine möglichst schnelle Diagnose und im Fall des Falles auch eine frühe Behandlung.

Der Rheumatologe: "Wir sollten den Betroffenen abraten, zu lange zu warten. Die Krankheit zerfrisst den Knochen. Bereits nach drei Monaten hat ein Viertel der Patienten Gelenkszerstörungen, nach einem Jahr die Hälfte und nach zwei Jahren 75 Prozent. Diese Schäden werden nicht mehr gut."
Rasch mit Therapie beginnen
Daher: Wenn Gelenke - oft sind es die Fingerglied-Gelenke - anschwellen, am Morgen schlechter beweglich sind und Schmerzen auftreten, sollte dringend der Arzt bzw. der Rheumatologe für eine genauere Abklärung aufgesucht werden.

Das Prinzip der modernen Therapie: Durch die Gabe von Krankheits-modulierenden "Basistherapeutika" wird versucht, die chronisch entzündliche Erkrankung möglichst stark zu unterdrücken.
Klassische Medikamente ...
Zu den klassischen Mitteln in diesem Bereich gehören Methotrexat (15 bis 25 Milligramm pro Woche zum Schlucken oder als Injektion unter die Haut), Levlunomid oder Mittel wie Sulfasalazin.

Bei frühzeitiger Behandlung kommt es in rund 30 Prozent der Falle zu einer Remission, also zu einem Verschwinden der Symptome.
... und neue Biotech-Mittel
Eine Revolution in der Behandlung der chronischen Polyarthritis stellte in den vergangenen Jahren die Einführung von Biotech-Medikamenten dar, die den körpereigenen stärksten Entzündungs-Botenstoff - den Tumornekrosefaktor alpha (TNF-alpha) - blockieren.

Hier gibt es Infliximab und Adalimumab, die als monoklonale Antikörper TNF-alpha unschädlich machen, und Etanercept, einen künstlich hergestellten Rezeptor, welcher TNF-alpha im Blut abfängt.
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Gute Ergebnisse
In Studien hat sich gezeigt, dass beispielsweise der monoklonale Antikörper Adalimumab bei Gelenksrheuma-Patienten, die auf die klassischen Basistherapeutika nicht ansprachen, bei 54,7 Prozent eine 20-prozentige Verbesserung brachte, bei 37,7 Prozent eine 50-prozentige Krankheitsminderung und bei 20,8 Prozent sogar eine 70-prozentige Verbesserung.
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Kombinationstherapie wirkungsvoll
Die wirkungsvollste Behandlung - für Betroffene, bei denen auch die alleinige Behandlung mit den Biotech-Medikamenten nicht ausreichend ist - stellt eine Kombination mit Methotrexat dar. So gelingt es, doch noch bei 70 Prozent dieser Kranken eine 50-prozentige Linderung zu erreichen.

Der Wiener Rheumatologe Ludwig Erlacher (Kaiser-Franz-Josef-Spital): "Diese Biologica scheinen die Gelenkszerstörung aufhalten zu können, auch wenn Gelenke weiterhin geschwollen bleiben."

Das Problem: Diese Medikamente greifen massiv in das Immunsystem ein. Die Patienten müssen daher ständig in Beobachtung bleiben. Tuberkulose-Verdacht muss ausgeschlossen und bei Infektionen sofort gehandelt werden.

In diesem Jahr werden noch zwei weitere hoch wirksame neue Medikamente bei chronischer Polyarthritis auf den Markt kommen.
Heuer noch zwei weitere neue Medikamente
Rituximab ist ein monoklonaler Antikörper gegen die B-Zellen, der bereits bei B-Zell-Lymphomen eingesetzt wird. Es beseitigt die Immunzellen, welche bei der chronischen Polyarthritis an der Entzündung beteiligt sind.

Abatacept blockiert eines der beiden Signale, welche T-Lymphozyten zu ihrer Aktivierung benötigen. Und aktivierte T-Zellen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei den Autoimmunprozessen im Rahmen der chronischen Polyarthritis.

[science.ORF.at/APA, 6.3.06]
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01.01.2010