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Einpflanzung eines Embryonen: Britin gibt nicht auf  
  Eine junge Britin, die gegen den Willen ihres früheren Partners einen tiefgefrorenen Embryo eingepflanzt bekommen will, ist vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gescheitert.  
Eine kleine Kammer des Gerichts wies eine Beschwerde der 34-Jährigen gegen Großbritannien am Dienstag ab. Die Weigerung der britischen Behörden, der Frau zu einer Schwangerschaft zu verhelfen, sei kein Verstoß gegen die Grundrechte auf Schutz der Familie und des Lebens.

Doch auch nach ihrer Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof will die Britin Natallie E. weiter um die Einpflanzung eines Embryonen kämpfen.
Will Berufung einlegen
Sie sei "sehr enttäuscht" und werde Berufung gegen die Entscheidung einlegen, kündigte die Britin in London an. Ihr Ex-Partner zeigte sich hingegen erleichtert.

Die Frau kämpft seit vier Jahren um die Einpflanzung eines ihrer tiefgefrorenen Embryonen, nachdem ihr Ex-Partner seine Einwilligung nach der Trennung zurückgezogen hatte.
Wegen Krebs Eierstöcke entfernt
Der Britin waren im Jahre 2001 wegen eines Krebs-Vorstadiums die Eierstöcke entfernt worden, so dass sie mittlerweile unfruchtbar ist.

Ihr Ex-Partner hatte damals einer In-vitro-Befruchtung zugestimmt. Insgesamt wurden sechs Eizellen der Frau mit Samen des Mannes befruchtet und tiefgefroren.
In-vitro-Befruchtung: Ex-Partner zieht Einwilligung zurück
Gemäß eines Gesetzes aus dem Jahre 1990 wurden beide darüber informiert, dass jeder von ihnen seine Einwilligung zur Aufbewahrung oder Einpflanzung der gemeinsam gezeugten Embryonen zurücknehmen kann.

Dies tat der Mann im Mai 2002, nachdem die Beziehung der beiden zerbrochen war.
Antrag auf Einpflanzung gestellt ...
Die Frau beantragte dennoch die Einpflanzung eines der Embryonen. Sie machte geltend, dies sei ihre einzige Chance auf Mutterschaft.

Der Antrag wurde im Oktober 2003 von einem Gericht zurückgewiesen. Ein Jahr später bestätigte der britische Appellationsgerichtshof die Entscheidung. Er verwies auf das Recht jedes Partners, seine Einwilligung zur Einpflanzung der Embryonen zurückzunehmen.
... und von Gerichtshöfen zurückgewiesen
Dem schloss sich der Gerichtshof für Menschenrechte weitgehend an. Die Weigerung der britischen Behörden, der Frau entgegen dem Willen des Erzeugers zu einer Schwangerschaft zu verhelfen, sei kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz der Familie. Da der Embryo in Großbritannien keinen Rechtstatus habe, liege auch kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens vor.

Das britische Gesetz ziele darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen den Interessen beider Partner herzustellen, heißt es in dem Urteil weiter. Wenn sich Gerichte oder Krankenhäuser über das Recht des Samenspenders hinwegsetzten, könne dies zu "willkürlichen und unkohärenten" Entscheidungen und damit zu noch komplexeren Problemen führen.
Straßburger Urteil bestätigt britisches Gericht
Die sieben Richter der kleinen Kammer erkannten an, dass die Frau aufgrund der Weigerung ihres Ex-Partners nun keine leiblichen Kinder mehr bekommen kann. Dies sei für sie eine "schwere Belastung".

Die Rechte des männlichen Spenders seien jedoch nicht weniger schützenswert als die der Frau. Im übrigen gebe es bei dieser schwierigen Frage keinen Konsens in Europa. Daher müsse jeder Staat breiten Spielraum für eigene Regeln haben.
Urteil der Kleinen Kammer nicht definitiv
Die 34-Jährige hatte sich im Januar 2005 an den Straßburger Gerichtshof gewandt, weil das Krankenhaus, in dem die In-vitro-Befruchtungen vorgenommen wurden, die Embryonen zerstören wollte. Die Straßburger Richter wiesen daraufhin die britischen Behörden in einem Eilverfahren an, die Embryonen zunächst aufzubewahren.

Am Dienstag appellierte die Frau an ihren Ex-Freund, seine Meinung zu ändern. Es sei noch nicht zu spät, sagte sie vor Journalisten in London. Der frühere Partner der Klägerin begrüßte hingegen das Straßburger Urteil. Für ihn sei es wichtig, selbst zu entscheiden, "ob und wann ich eine Familie gründen will."

Das Urteil der Kleinen Kammer ist nicht definitiv. Beide Seiten können innerhalb von drei Monaten eine Überprüfung durch die aus 17 Richtern bestehende Große Kammer beantragen. Sollte dies geschehen, kann es abermals über ein Jahr dauern, bis ein neues Urteil ergeht - das dann definitiv ist. Bis dahin sind die britischen Behörden verpflichtet, eine Zerstörung der Embryonen zu verhindern.

[science.ORF.at/APA/AFP, 8.3.06]
->   Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EuGHMR oder EGMR) bei Wikipedia
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Neue Frist für Aufbewahrung von Embryonen (30.11.04)
 
 
 
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01.01.2010