News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 
"Big Brother"-Bilder verdreifachen Ehrlichkeit  
  Am Sonntag gibt es die Wochenend-Gazette per Selbstbedienung am Zeitungsständer. Wer dabei irrtümlich vergisst, Geld einzuwerfen, befindet sich in "guter" Gesellschaft: Gelegenheit macht häufig Diebe. Von einem einfachen Weg, die Zahlungsmoral zu erhöhen, berichten nun britische Biologen und Psychologen. Ein Augenpaar, abgebildet auf einem Poster, verdreifacht die Ehrlichkeit.  
Melissa Bateson und ihre Kollegen Daniel Nettle und Gilbert Roberts von der Universität Newcastle haben experimentell bewiesen, dass Beobachtung durch andere ein wichtiger Anreiz für kooperatives Handeln darstellt - selbst wenn es sich nur um Bilder von Augen handelt.

Ihre Erkenntnisse könnten helfen, wirkungsvoller gegen unsoziales Verhalten in der Öffentlichkeit vorzugehen
...
Die Studie "Cues of being watched enhance cooperation in a real-world setting" ist in den "Biology Letters" der Royal Society (doi:10.1098/rsbl.2006.0509; 28. Juni 06) erschienen.
->   Abstract in den Biology Letters
...
Zwei Bilder, zwei Reaktionen
 
Bild: Universität Newcastle

Für ihr Experiment nutzten Bateson und ihre Kollegen eine bereits seit Jahren existierende Kaffeekasse in einem Pausenraum für knapp 50 Mitarbeiter, die nichts von dem Experiment wussten. Lediglich das Bildmotiv über der Preisliste wurde im wochenweisen Wechsel geändert.

Entweder blickten den Betrachter Augen verschiedener Menschen direkt an, oder Blumenmotive schmückten den Kopf der Preisliste (siehe Bilder).
Bei Augenpaar 2,76 mal mehr Geld
Die Forscher zählten jede Woche das Geld in der Kasse und kontrollierten den Milchverbrauch als Maß für die konsumierten Getränke.

Fazit: In den Wochen mit den Augen-Postern zahlten die Mitarbeiter im Durchschnitt 2,76 Mal mehr für ihre Getränke.
Gefühl der Beobachtung
Den positiven Effekt der Augen-Poster führen die Verhaltensforscher darauf zurück, dass Gesichter und speziell Augen eine besondere Wirkung auf das menschliche Gehirn haben.

Unbewusst würden Menschen sich anders verhalten, wenn bei ihnen das Gefühl entstehe, beobachtet zu werden.

Sie würden sich unter anderem sorgen, was andere über sie denken könnten, meint Bateson. "Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Menschen sich weniger leicht egoistisch verhalten, wenn sie das Gefühl haben, beobachtet zu werden, was große Bedeutung für den Alltag hat."
Gegen antisoziales Verhalten
Signale, die in weiterer Folge Konsequenzen für den Ruf von Individuen bedeuten, werden besonders deutlich wahrgenommen, meinen die Forscher - auch wenn sie unbewusst einströmen.

Mögliche Auswirkungen könnten sich bei der Bekämpfung von antisozialem Verhalten ergeben: im Straßenverkehr etwa könnten Augenbilder die Wirkung von Warnschildern verstärken, die auf Kameras zur Geschwindigkeitsmessung hinweisen.

[science.ORF.at, 28.6.06]
->   Melissa Bateson, Universität Newcastle
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Gruppen mit Strafmöglichkeit kooperieren besser (7.4.06)
->   Spieltheoretische Analyse von Konflikt und Kooperation (9.12.05)
->   Ökonom: Mehrheit der Menschen ist kooperativ (27.10.04)
->   Kooperation: Fairness und Vertrauen wird belohnt (14.3.03)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben .  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010