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Kongress: Forschungsthema Mangelernährung  
  Auf der einen Seite darben und verhungern Menschen - auf der anderen essen sich Menschen krank: Diesem Spannungsfeld widmen sich Ernährungswissenschaftler auf einem Kongress in Wien.  
Kaum Veränderung trotz Aufklärung
Trotz aller Bekenntnisse, die Situation verändern zu wollen, trotz aller Kongresse, auf denen sich Experten damit beschäftigen, und trotz aller Aufklärungsmaßnahmen sind Veränderungen umfassenderen Stils kaum zu bemerken.

Nun wolle sich die Ernährungswissenschaft einmal mehr dieser Herausforderung stellen, sagt der Vorstand des Instituts für Ernährungswissenschaft der Universität Wien, Ibrahim Elmadfa, anlässlich eines Fachkogresses, der heute in Wien stattfindet.

Zur Problematik Unterernährung auf der einen Seite und Überernährung auf der anderen verweist Elmadfa darauf, dass dieses Phänomen (eine "double burden") auch innerhalb einzelner Länder zu sehen sei.
Genug Lebensmittel, aber mangelhafte Verteilung
Selbst in armen Ländern gebe es oft eine "Upper-Class", die ihren Wohlstand zu einem Gutteil in Kalorien investiere. Doch dies entlasse uns nicht aus unserer Verantwortung gegenüber jenen, die hungern.

Das Problem sei jedenfalls nicht, dass es zu wenige Nahrungsmittel auf dieser Welt gibt. Vielmehr sei der richtige Umgang mit den Nahrungsmitteln, die optimale Verarbeitung und die Distribution nicht gewährleistet.

Doch aus das wisse man nicht erst seit heute. Nicht einzelne Institutionen, sondern die ganze Gesellschaft hätte endlich die Verantwortung dafür zu übernehmen, sagt Ibrahim Elmadfa, wobei sich die Ernährungswissenschaften durch ihr Wissen über Ernährung, Lebensmittelproduktion etc. schon im Besonderen angesprochen fühlen.
Qualitative Mangelernährung
Während von quantitativer Mangelernährung gesprochen wird, wenn die Energiezufuhr unzureichend ist ( zuwenig Nahrungsmittel zu Verfügung stehen aufgrund von Ernteeinbussen durch Dürre, durch Versorgungsprobleme bei Krieg etc.) meint qualitative Mangelernährung, wenn das Nahrungsangebot zwar ausreichend ist, dieses aber nicht den Bedarf an lebensnotwendigen und Gesunderhaltenden Nährstoffen abdeckt.
Die "Big 4" der WHO
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ist vor allem die Versorgung mit Proteinen, Eisen, Vitamin A und Jod unzureichend - und das nicht nur in den armen sondern zum Teil auch in den industrialisierten Ländern. Dass es auch bei uns Mangelerscheinungen bei diesen "Big 4" gibt, daran sei die Ernährungswissenschaft nicht unbeteiligt, sagt Ibrahim Elmadfa.

Die Ernährungsempfehlungen seien in der Vergangenheit oft zuwenig "praktikabel" für den Konsumenten formuliert gewesen. Es nütze wenig, wenn etwa eine tägliche Aufnahme von beispielsweise 150 Milligramm Vitamin C empfohlen werde.

Mit einer derartigen Empfehlung könnten die meisten Konsumenten wenig anfangen. Vielmehr müsste die Empfehlung lauten, dass man etwa mit einer Kiwi oder einer mittelgroßen Paprika-Schote den täglichen Bedarf an Vitamin abdecken kann.
Verständlichere Empfehlungen notwendig
Ebenso müssten die Konsumenten genauer informiert werden, in welchen Nahrungsmitteln welche Nährstoffe enthalten sind, dass etwa der Bedarf an Eisen sowohl aus tierischen als auch aus pflanzlichen Produkten gedeckt werden könne, dass aber das Eisen aus tierischen Produkten besser bioverfügbar ist und dass andererseits gleichzeitig konsumierte Nahrungsmittel wie etwa Tee oder Kalzium die Bioverfügbarkeit des Eisens vermindern.

In diesem Sinne werde man sich bemühen, die Ernährungsempfehlungen hinkünftig verständlicher zu formulieren und die oft nicht ganz widerspruchsfreien Informationskampagnen besser als in der Vergangenheit zu koordinieren, sagt Ibrahim Elmadfa.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft, 28.6.06
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01.01.2010