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Afrikas mühsamer Weg hin zu mehr Forschung  
  Afrika gilt mehr oder weniger noch als ein Niemandsland für Forschung und Technologieentwicklung. Armut, Ressourcenknappheit, technologischer Rückstand sowie wirtschaftliche und politische Instabilität prägten die wissenschaftliche Vergangenheit des Kontinents. Doch bei den Regierungen beginnt ein Umdenken: erste Kooperationen und Netzwerke lassen auf einen Forschungsaufschwung hoffen.  
Abseits aller Heterogenität der Länder Afrikas und deren unterschiedlichen Voraussetzungen für den Ausbau von Forschung und Entwicklung: Die afrikanischen Regierungen nehmen verstärkt wahr, dass sich Investitionen in die Forschung lohnen und Wege aus der Armut bieten könnten, berichtet das Magazin "The Scientist" in seiner aktuellen Ausgabe.

Mozambique und Ruanda richteten beispielsweise kürzlich erstmals Wissenschaftsministerien ein, Nigeria und Botswana haben begonnen, nationale Wissenschafts- und Technologiepläne zu entwickeln.
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Der Artikel "The Long Journey Home" von Stephen Pincock ist im Magazin "The Scientist" (Band 20, Heft 6, S. 44) erschienen.
->   Artikel (kostenpflichtig)
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Einer von 54 Staaten kann mithalten
Die USA gefolgt von Europa dominierte die Forschungslandschaft in den letzten Jahren, China und Indien werden als die zukünftigen Dominatoren gehandelt. Der afrikanische Kontinent hingegen ist der ärmste Kontinent der Welt. Die sozioökonomischen und politischen Strukturen ließen in der Vergangenheit kaum Forschungs- und Technologieentwicklung zu.

Einzig und allein Südafrika tat sich von den insgesamt 54 afrikanischen Staaten auf dem Kontinent im globalen Forschungsklassement hervor. Das Land belegte beispielsweise bei einer Analyse der wissenschaftlichen Produktivität aus dem Jahr 2004 Platz 29: Zählten die Studienautoren von 1993 bis 1997 insgesamt 17.461 Publikationen, so waren es in den folgenden fünf Jahren bereits 18.123 (Nature, Bd. 430, S. 311). Und eine Studie aus dem Jahr 2003 führt Südafrika auf Platz 15 bei der Länderrangliste der meistzitierten Forscher.
->   Länderrangliste "Meistzitierte Forscher" 2003
Blüht der Forschungsaufschwung?
Die Ausgaben für Forschung sind in vielen Ländern Afrikas knapp, die Ausstattung der Labore ist dünn, die Forschenden selbst sind mit Lehraufträgen überhäuft und das politische Interesse ist gering - nicht die besten Bedingungen, die Forschung voranzutreiben.

Geld für die Forschung holen sich Wissenschaftler wie etwa der Biologe Kazhila Chinsembu von der University of Namibia von internationalen Organisationen, wie das Magazin "The Scientist" berichtet. Chinsembu konnte so zu Themen wie Syphilis, dem Kaposi-Sarkom und dem HI-Virus forschen.

Doch mit der wirtschaftlichen und politischen Stabilität in den afrikanischen Ländern werden auch die Voraussetzungen für die Forschung besser. Namibia gehört zu den Ländern Afrikas, wo der Forschungsaufschwung sichtbar ist: Durch verstärkte Finanzierung von wissenschaftlicher Ausbildung steigen die Studentenzahlen auch rasant an. Bei einer Bevölkerung von zwei Millionen Menschen studieren derzeit 8.000 an der University of Namibia.
Richtung Wissensproduktion
Die unattraktiven Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler ließen in den letzten Jahrzehnten die Top-Leute ins Ausland ziehen - der wohl bekannte "Brain Drain".

Doch die afrikanischen Staaten haben sich das Ziel gesetzt, die Probleme bei Forschung und Technologieentwicklung anzugehen. Erster Meilenstein für das neue Bewusstsein: ein Treffen im Jahr 2003, bei dem Politiker das "African Ministerial Council on Science and Technology" (AMCOST) gründeten - übrigens das erste Treffen von Wissenschaftsministern seit 20 Jahren.

Beim zweiten Treffen im Jahr 2005 stimmten 40 Minister zu, einen 160 Millionen US-Dollar-Plan zu unterstützen, der Wissenschaft und Technologie auf dem Kontinent fördern soll. Wie bei vielen politischen Dokumenten dieser Art mangelt es derzeit noch an der Umsetzung, wie "The Scientist" berichtet. Doch Beteiligte sehen zumindest einen ersten Schritt geschafft: nämlich gemeinsam über das Vorhaben, Forschung auszubauen, zu sprechen.
Netzwerke zu "Biosciences"
Vor gut einem Jahr brachten afrikanische Forscher im Vorfeld des G8-Treffens ihre Forderungen zur Verbesserung der Lage auf den Punkt und publizierten diese in der Fachzeitschrift "Nature" (Bd. 435, S. 1146): Hauptanliegen sind demnach der verstärkte Einsatz von Biotechnologie in der Landwirtschaft, billigeres Internet sowie die bessere Nutzung von Energie.

Biologie ist offenbar das Fach, das bisher mit am meisten von dem neuen Klima profitiert hat: Beispielsweise hat das "New Economic Partnership for African Development" (NEPAD) eine "Biosciences-Initiative" gestartet und darüber regionale Netzwerke entwickelt. Vier bereits existierende Zentren in Nord-, Süd-, Ost- und Westafrika wollen Ausstattung und Beratung im bereich Biowissenschaften bereitstellen.
F&E-Ausgaben: Vergleichsweise "mini"
Ende Juni gab die tunesische Regierung bekannt, dass sie mit Hilfe der World Bank verstärkt in die wissenschaftliche Entwicklung und Ausbildung investieren will. Hauptziele: Die Steigerung des Forschungsbudgets von weniger als ein Prozent des BIP auf 1,7 Prozent in den nächsten vier Jahren. Sowie die Verdopplung der Zahl der im Lande tätigen Wissenschaftler - auf 26.000, wie die arabische Zeitung "Alhayat" berichtete.

Trotz verstärkter Bemühungen bleibt es abzuwarten, wie die Forschungszukunft in Afrika aussieht. Zwar plant auch Botswana den Aufbau einer zweiten Universität für "Science and Technology", die Entwicklung von nationalen Innovationsplänen sowie eine Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf ein Prozent des BIPs.

Doch: Das Gesamtbudget für Innovation ist in Botswana nicht hoch. Es beträgt nur 20 Prozent jenes Betrags, das etwa das "South Africa's Council for Scientific and Industrial Research" (CSIR) zur Verfügung hat. Wobei zu bedenken ist: Das CSIR macht wiederum nur einen Bruchteil der südafrikanischen Forschungsausgaben aus.

[science.ORF.at, 5.7.06]
->   AMCOST - African Ministerial Council of Science and Technology
->   Online-Magazin "Science in Africa"
->   Science and Development Network
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->   Die Geografie der wissenschaftlichen Zitierung (1.9.03)
 
 
 
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01.01.2010