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Dilemma der Wissenschaft nach Tsunami 2004  
  Ein großes Dilemma objektiver Wissenschaft hat sich für den Anthropologen Simron Singh durch den Tsunami 2004 ergeben: Eine noch sehr ursprüngliche Kultur auf den Nikobaren nachhaltig zu verändern und die Rolle als objektiver Beobachter aufgeben oder diese Kultur untergehen lassen.  
Singhs Geschichte wurde nun auch in der aktuellen Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift "Science" thematisiert: Der aus Indien stammende Wissenschaftler vom Institut für Soziale Ökologie der Universität Klagenfurt arbeitet seit Jahren, auch schon lange vor dem Tsunami, auf den Nikobaren.

Auf der entlegenen Inselgruppe im Indischen Ozean gab es noch Kulturen, die von der restlichen Welt vergleichsweise unberührt waren.

Singh faszinierte nach eigenen Angaben vor allem der kulturelle Reichtum, der sich durch den geringen Kontakt mit anderen Kulturen erhalten hatte.
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Der Artikel "After the Tsunami: A Scientist's Dilemma" von Richard Stone ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Science" (7. Juli 2006, Band 313, S. 32-34) erschienen.
->   Summary
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Tsunami vernichtete Lebensgrundlage
Ein Hilferuf eines befreundeten Nikobaresen zur Zeit der Überschwemmung änderte für den Forscher dann alles. Neun von zehn Häusern auf den 24 Inseln zählenden Nikobaren waren durch den Tsunami zerstört, ein guter Teil der Bevölkerung war ums Leben gekommen. Die bisherige Lebensgrundlage der Bevölkerung, Kokospalmen, war vernichtet.

Obwohl sich Singh auf Grund seiner Position als renommierter Wissenschafter eigentlich auf die Rolle des Beobachters zurückziehen sollte, der möglichst nicht in den Gegenstand seiner Wissenschaft eingreift, gab es für den Forscher keinen Zweifel, dass er den Nikobaresen tätliche Hilfe leisten musste.

"Ich konnte einfach nicht anders", schilderte Singh. Es ging darum, entweder zu verändern oder die Kulturen untergehen zu lassen.
Hilfe zur Selbsthilfe
Singh entschloss sich, bei der Hilfe Nachhaltigkeit und Hilfe zur Selbsthilfe als oberste Ziele anzusetzen. Unterstützung erhielt er unter anderem vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF).

Vor dem Tsunami lebte die Volkswirtschaft hauptsächlich von Kokosnüssen. Nun sichert den Einheimischen Fischen und der Anbau von Früchten und Gemüse das Auskommen.

In einem Kommentar in "Science" betonte Brian Durran vom Britischen Museum, dass das Besondere an Singhs Einsatz seine Ermutigung an die Nikobaresen sei, ihre eigenen Herren zu werden. Er bevormunde sie weder noch isoliere er sie. Insgesamt sei Singhs Lösung "inspirierend".
Ursprüngliche Kultur nicht vergessen
Singh möchte aber auch die ursprüngliche Kultur nicht vergessen werden lassen. So schuf er auf Grund seiner vor dem Tsunami getätigten Forschungen ein Buch über die Kultur.

"Ich hoffe, dass die Bilder ihrer eigenen Kultur die Nikobaresen emotional berühren und ihnen jene Kraft geben, die sie gerade jetzt für die Sicherung ihrer Zukunft dringend benötigen", so der Forscher in "Science".

[science.ORF.at/APA, 7.7.06]
->   Anthropologe Simron Singh
->   Hilfsprojekt des FWF auf den Nikobaren
->   Nikobaren - Wikipedia
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01.01.2010