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Hungert eine Biene, weiß es der ganze Stock  
  Forscher der Uni Graz gingen der Funktion des so genannten sozialen Magens auf den Grund: Der Magen steuert bei Bienen die Arbeitsteilung. Hungert eine Biene, wissen es alle im Stock.  
Mit eigens entwickelten Miniatur-Bienenvölkern aus maximal 180 Tieren, Computermodellen und sogar mit winzigen Robotern untersuchten die Wissenschaftler um Karl Crailsheim, Professor am Institut für Zoologie der Uni Graz, die äußerst komplexen Details des Bienenstaates.

Das Funktionieren des ganzen Staates ohne zentrale Befehlsstelle läuft dabei, so seltsam es klingt, über die Mägen, erläuterte Crailsheim gegenüber der APA. Anders ausgedrückt: Wenn eine Biene hungert, weiß es der ganze Stock.
Zwergkolonien zwecks Forschung entwickelt
Um das Gewusel in einem Bienenstock überschaubar zu machen, haben die Grazer Forscher so genannte Zwerg-Kolonien entwickelt. Diese sind gerade noch so groß, dass sie voll funktionsfähig sind.

Es gibt eine Königin, Sammlerinnen, Ammen und was man sonst noch im Staat braucht. Die Beobachtungen, vor allem wie die Tiere unter einander kommunizieren, füttern die Grazer Forscher dann in ein Simulations-Programm im Computer.
Kommunikation: Neben Tanz auch der "soziale Magen"
Die Kommunikation im Stock geht - so wissen die Forscher heute - weit über den bekannten Bienentanz hinaus. Mittels dieses Tanzes verständigen sich Bienen direkt untereinander, so geben Sammlerbienen Informationen über eine ergiebige Futterquelle durch bestimmte Bewegungen wie den Schwänzeltanz weiter.

Daneben dient aber auch der so genannte soziale Magen gleichsam als Schwarzes Brett im Stock, als Steuerung der Arbeitsteilung. Erwachsene Bienen füttern nämlich nicht nur die Larven, sondern auch einander.

"Etwa 80 Prozent der aufgenommenen Nahrung wird von einer Stockbiene wieder an Kolleginnen abgegeben", so Crailsheim. So wissen alle Bienen um den Ernährungsstand.
Larven als zusätzliche Eiweiß-Kost
Mit den beiden Grazer Biologen Ulrike Riesberger und Thomas Schmickl untersuchte Crailsheim in den vergangenen Jahren, unter welchen Bedingungen eine Biene einer anderen Nahrung weitergibt.

Herrscht etwa Nahrungsmangel, greifen die so genannten Ammen, die für die Aufzucht des Nachwuchses zuständig sind, kollektiv zu einem sehr drastischen Mittel: Sie töten die Larven und fressen sie auf.

So brutal das Ganze klingen mag, es macht durchaus Sinn. Die zusätzliche Eiweiß-Kost in Form der Larven ist eine zusätzliche Nahrungsquelle für den Stock, ein kurzfristiger Engpass kann überbrückt werden.

"Wir haben auch herausgefunden, dass die Königin während solcher schlechten Perioden weiter in vollem Umfang Eier legt", so der Wissenschaftler weiter. Damit steht ständig ein Pool an Larven bereit. Werden die Zeiten besser, können die Ammen sofort reagieren und die Produktion von Nachwuchs läuft wieder an.
Mit Mini-Robotern auf weitere Erkundung
Derzeit entwickeln Crailsheim und Schmickl Programme für winzige Roboter, mit denen das soziale Zusammenleben der Bienen noch weiter verstanden werden soll.

Die Roboter haben Räder und verständigen sich mittels Lichtzeichen. Zentralcomputer gibt es - wie auch im echten Bienenstock - keinen, die einzelnen Roboter müssen autonom reagieren und geforderte Aufgaben lösen. Vorbild sind auch hier die Erkenntnisse aus Beobachtungen und den Zwerg-Kolonien.

[science.ORF.at, 13.7.06]
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01.01.2010