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Niedriger Sozialstatus lässt Zellen schneller altern  
  Dass sich ein niedriger Sozialstatus negativ auf die Gesundheit auswirken kann, haben schon einige Studien gezeigt. Britische Forscher haben nun den Zusammenhang auf Zellniveau bewiesen: Sozial schlechter Gestellte sind ihnen zufolge sieben "biologische Jahre" älter.  
Menschen aus niederen sozioökonomischen Schichten haben statistisch ein höheres Risiko für Schlaganfälle, Krebs und Herzinfarkte und insgesamt eine kürzere Lebenserwartung.

Dies wird in der Regel vor allem auf ihren vergleichsweise ungesunden Lebenswandel und ihre schlechte Ernährung zurückgeführt.
Zwillingsstudie liefert aufschlussreiche Daten
Einige der entsprechenden Studien wurden vom Team um Tim Spector, Mediziner am Londoner St. Thomas Hospital durchgeführt, das über Englands größtes Zentrum der Zwillingsforschung verfügt. Zwillingsstudien liefern besonders wichtige Daten für die Erforschung genetischer Einflüsse.

So auch bei der aktuellen Untersuchung von weißen Blutkörperchen von 1.552 weiblichen Zwillingen: Sie zeigte, dass die Zellen von Frauen, die untergeordneten, oft auch körperlichen Arbeiten nachgingen, bedeutend schneller alterten, als jene von Frauen mit höherem sozialen Status und dementsprechender Tätigkeit, berichtet die Online-Ausgabe des "New Scientist".
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Die Studie "The effects of social status on biological aging as measured by white-blood-cell telomere length" von Tim Spector et al ist in der Fachzeitschrift "Aging Cell" (doi: 10.1111/j.1474-9726.2006.00222.x) erschienen.
->   Abstract
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Altersbestimmung durch Vermessung von Telomeren
Um die Zellalterung festzustellen, haben die Forscher die Länge der so genannten Telomere vermessen. Telomere sind eine Art schützende "Molekülkappe", die an den Enden von Chromosomen sitzt.

Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere. Unterschreitet ihre Länge ein gewisses Minimum, kann sich die Zelle nicht mehr teilen und der Zelltod tritt ein.
Unterschied von neun "biologischen Jahren"
Spector und sein Team stellten fest, dass die Telomere von sozial schwächeren Frauen deutlich kürzer waren. Der Unterschied entsprach neun biologischen Jahren.

Um das Ergebnis zu überprüfen und sicherzustellen, dass es nicht aufgrund genetischer Faktoren entstand, verglichen die Wissenschaftler die Telomere von 17 Zwillingspaaren, von denen jeweils eine der Frauen einen Mann aus einer wesentlich höheren sozialen Schicht geheiratet hatte.

Das Resultat bestätigte sich: Die Frauen, die durch ihre Ehe einen höheren sozialen Status erreicht hatten, verfügten eindeutig über längere Telomere als ihre sozial schlechter gestellten Schwestern.
Psychischer Stress beschleunigt Zellalterung
Tim Spector führt das Ergebnis seiner Studie auf den Stressfaktor zurück, der mit einem niedrigen sozialen Status einhergeht: "Die psychische Belastung, in der sozialen Hackordnung unten zu stehen und wenig Kontrolle über das eigene Leben zu haben, könnte auch mehr Stress auf zellulärer Ebene bedeuten."

Das Zauberwort heißt dabei "oxidativer Stress", der zu einer Verkürzung der Telomere führen kann, erklärt der Mediziner gegenüber dem New Scientist. Spector rechnet mit denselben Ergebnissen bei männlichen Testpersonen.

[science.ORF.at/21.7.06]
->   New Scientist
->   Tim Spector - St. Thomas Hospital London
->   Zwillingsforschung - St. Thomas Hospital London
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Sozialer Status entscheidend für Lebenserwartung (8.6.04)
->   Telomer-Manipulation: Ewige Jugend oder Krebstod (24.6.02)
 
 
 
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01.01.2010