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"Krebs-Wunderpille" mit Nebenwirkung fürs Herz  
  Bisher galt es als eine Art Wundermittel gegen Leukämie: "Glivec", ein Anti-Krebs-Medikament, das den Blutkrebs-Patienten das Leben retten konnte. US-Forscher erkannten nun aber mögliche Nebenwirkungen: Die Pille könnte auch zu Herzversagen führen.  
Glivec - auch Gleevec (Engl.) oder Imatinib genannt - wurde ursprünglich zur Bekämpfung von chronischer myeloischer Leukämie (CML) entwickelt und wird auch zur Behandlung anderer Krebserkrankungen eingesetzt.

Die "revolutionäre" Pille wurde in den USA sowie von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMEA) im Jahr 2001 zugelassen. Der von der Firma Novartis unter dem Namen Glivec vertriebene "Krebs-Killer" kann aber auch zum Zelltod von Herzmuskelzellen führen und damit Herzversagen bei den Patienten begünstigen, schreiben Thomas Force vom Center for Translational Medicine in Philadelphia und sein Team.
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Der Artikel "Cardiotoxicity of the cancer therapeutic agent imatinib mesylate" ist als Online-Publikation der Fachzeitschrift "Nature Medicine" (23.7.06, doi:10.1038/nm1446) erschienen.
->   Abstract
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Blocker der Tyrosinkinase
Glivec schaltet das Enzym Tyrosinkinase aus, das die Leukämiezellen ernährt und ihr Wachstum bzw. die Vermehrung reguliert.

Bisher sei das Enzym noch nicht in Zusammenhang mit Herzmuskelzellen gebracht worden, so die Forscher.
->   Imatinib bei Wikipedia
Zusammenhang bei Menschen und Mäusen
Allerdings erkannten Force und sein Team, dass einige Patienten, die Glivec einnahmen, im Laufe nur weniger Monate auch Herzprobleme entwickelten. Diese waren vor der Einnahme nicht aufgetreten.

Die Forscher untersuchten zehn Patienten mit Herzschwäche als Folgeerscheinung. Es zeigte sich, dass deren Herz erheblich weniger Blut pumpen konnte. Ihre Herzmuskelzellen zeigten auch ein abnormales Erscheinungsbild unter dem Mikroskop.

Im Folgeversuch zeigte sich auch bei Mäusen, die Imatinib verabreicht bekommen hatten, eine Herzschwäche.
Risiko noch nicht quantifizierbar
Die Häufigkeit bzw. das Risiko auftretender Herzprobleme seien bisher noch unbekannt, so die Forscher. Auf Grund der kleinen und nicht als klinische Studie durchgeführten Untersuchung seien keine Aussagen über den Prozentsatz von Glivec-Patienten möglich, die mit Herzproblemen rechnen müssen.

Man solle bei weiterer Einahme des Anti-Krebs-Medikaments auf eine gute ärztliche Beobachtung - insbesondere des Herzens - achten.
Novartis: Frage weiter verfolgen
Gemäß Novartis sind die Fälle mit derartigen Nebenwirkungen äußerst selten. Ein Sprecher des Pharmakonzerns in Basel sagte, die Ergebnisse der Studie hätten keinen Einfluss auf die Vorteile des Medikaments, das weltweit über 100.000 Patienten erhalten.

Novartis nehme die präklinische Studie zur Kenntnis und werde die Frage weiter verfolgen. Glivec zählt zu den umsatzstärksten Medikamenten der Pharma-Division von Novartis.

[science.ORF.at/APA, 24.7.06]
->   Chronischen myeloischen Leukämie bei Wikipedia
->   Glivec - Novartis
->   Hemmung der Tyrosinkinase-Aktivität durch Glivec (Kompetenznetz Leukämie)
->   Alle Beiträge zum Stichwort Leukämie im science.ORF.at-Archiv
 
 
 
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01.01.2010