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AIDS-Experten: Möglichkeiten besser nützen  
  25 Jahre nach der ersten Beschreibung von AIDS findet im August in Toronto der 16. Welt-AIDS-Kongress statt. Nach Ansicht von Experten hätte die Menschheit fast alles in der Hand, um die Krankheit zu besiegen. Doch noch wurden die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, nur ein Fünftel der Betroffenen erhält medizinische Hilfe. "Zeit, Wort zu halten", heißt deshalb das Motto der Konferenz in Toronto.  
"25 Jahre nach der Entdeckung hat HIV als Grund für die erworbene Immunschwäche jeden Winkel der Erde erreicht. Es hat 65 Millionen Menschen infiziert, von denen 25 Millionen gestorben sind", schreibt der US-AIDS-Pionier Anthony S. Fauci, Leiter des Nationalen US-Instituts für Infektionen und allergische Erkrankungen in der neuesten Ausgabe der US-Wissenschaftszeitschrift "Science".

"Die Behandlung musste sich anfänglich auf eine lindernde Betreuung und auf die Behandlung opportunistischer Infektionen beschränken. Aber bald entwickelte sich ein Arsenal an antiretroviralen Medikamenten", so Fauci weiter.
->   16. Welt-AIDS-Kongress (13. bis 18. August in Toronto)
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Wird Menschheit eines Tages resistent?
"Science" widmet diese Woche AIDS seine Cover-Geschichte und eine Reihe weiterer Beiträge. Der niederländische Mediziner Jonathan L. Heeney geht in einem Review-Artikel der Frage nach, ob die Menschheit einmal eine natürliche Resistenz gegenüber dem HI-Virus entwickeln wird. Kleine Änderungen des Immunsystems einzelner Menschen könnten dazu beitragen, die Zeitmaßstäbe dazu seien aber evolutionäre.

Der Artikel "Origins of HIV and the Evolution of Resistance to AIDS" ist in "Science" (Bd. 313, S. 462; Ausgabe vom 29.7.06) erschienen.
->   Science
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Die meisten kommen nicht in Genuss der Mittel
Die Menschheit hätte wahrscheinlich bereits die Mittel parat, um AIDS zu besiegen. Fauci: "Diese Medikamente haben die mit HIV verbundenen Krankheiten und Sterblichkeit dort dramatisch reduziert, wo sie angewendet werden. (...)

Trotz substanzieller Erfolge bekommen nur 20 Prozent der Menschen, die in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Bruttonationalprodukt solche Arzneimittel benötigten, diese wirklich.

Weniger als jeder Fünfte, der das Risiko einer HIV-Infektion aufweist, hat Zugang zu Präventionsmaßnahmen. Und selbst wenn sie vorhanden wären, werden sie durch komplexe gesellschaftliche und kulturelle Umstände behindert."
Pandemie breitet sich weiter aus
Das Ergebnis: Auch im Jahr 2005 infizierten sich mit 4,1 Millionen Menschen weltweit mehr Personen mit HIV als daran starben (2,8 Millionen Personen). Der US-Experte. "Die Pandemie breitet sich also weiter aus."

Weitere Mankos: Stigma, soziale Diskriminierung und manchmal sogar das Ignorieren von AIDS durch ganze Regierungen verhindern die Umsetzung der möglichen präventiven und therapeutischen Maßnahmen gegen HIV.

Fauci: "Weltweit ist für Tausende Frauen und Mädchen die Ablehnung sexueller Kontakte oder das Bestehen auf der Verwendung von Kondomen keine Option."
Wissenschaftlicher Fortschritt reicht nicht
Der Experte weiter: "Es ist klar, dass wissenschaftliche Fortschritte, die nötig sind, um HIV und AIDS einmal endgültig unter Kontrolle zu bringen, gleichzeitig allein nicht genug sind. (...)

Während wir der ersten 25 Jahre mit AIDS gedenken und unsere Erfolge feiern, ernüchtern uns die Herausforderungen, die noch immer vor uns stehen."
Analyse von Lateinamerika und der Karibik
In der aktuellen Ausgabe von "Science" wird dem Thema AIDS auch regional nachgegangen. Zehn Länder Lateinamerikas und der Karibik werden hinsichtlich ihrer Fortschritte im Kampf gegen die Krankheit porträtiert.

Mit Ausnahme von Haiti hat keines der Länder die Verbreitung des HI-Virus eindämmen können. Laut WHO wird die Anzahl der infizierten Menschen in der Region von zwei Millionen derzeit bis 2015 auf 3,5 Millionen anwachsen. Bis dahin wird die Anzahl der AIDS-Toten auf eineinhalb Millionen geschätzt.
Regionale Unterschiede und Gleichheiten
So sehr sich die zugrunde liegenden Probleme in den zehn Ländern gleichen - Armut, Migration, Homophobie, wenig Forschung -, so sehr gibt es auch regionale Unterschiede.

In Brasilien etwa gibt es ein sehr ambitioniertes Programm, das allen Bedürftigen antiretrovirale Medikamente zur Verfügung stellt. Die Kosten dafür stiegen zuletzt aber enorm an, obwohl einige der älteren Arzneimittel mittlerweile selbst hergestellt werden - Generika von aktuellen Medikamenten zu produzieren und damit in Konflikt mit den Biopatenten der Pharma-Multis zu geraten, wurde bisher aber nicht riskiert.
Dominikanische Republik besonders betroffen
In Argentinien haben sich die Eigenschaften der Krankheit in den vergangenen Jahren stark geändert. Zählten ursprünglich Homosexuelle und Drogenabhängige zu den Hauptrisikogruppen, so wird AIDS mittlerweile mehrheitlich von Heterosexuellen übertragen.

Mit einer HIV-Rate von 1,6 Prozent der Bevölkerung liegen Haiti und die Dominikanische Republik nach dem subsaharischen Afrika auf dem traurigen zweiten Rang der Welt.

Rund 78 Prozent der Infektionen geschehen mittlerweile durch ungeschützten heterosexuellen Geschlechtsverkehr, der zum Teil auf den "Sex-Tourismus" zurückzuführen ist.

[science.ORF.at/APA, 28.7.06]
->   Anthony S. Fauci (NIH)
Aktuelles zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Vor 25 Jahren wurde AIDS erstmals beschrieben (2.6.06)
->   UNO: 38,6 Millionen Menschen sind HIV-infiziert (30.5.06)
->   Feldstudie bestätigt: HIV kam von Schimpansen (26.5.06)
->   Weniger HIV-Neuinfektionen in Österreich (26.2.06)
 
 
 
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01.01.2010