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Club-Droge als ultraschnelles Antidepressivum  
  Ketamin ist ein legales Betäubungsmittel, aber auch bekannt als Partydroge "Special K". Eine Studie zeigt nun, dass es Depressionen schneller und möglicherweise nachhaltiger bekämpft als bisher bekannte Medikamente.  
Durchgeführt wurde der Test am amerikanischen "National Institute of Mental Health" in Bethesda, Maryland. Dabei wurden 17 Personen mit schwerwiegenden Depressionen behandelt, bei denen Therapien mit herkömmlichen Antidepressiva oder drastischere Methoden wie Elektroschocks bereits fehlgeschlagen waren, berichtet "news@nature".
Rasante und lang anhaltende Wirkung
Bei der Hälfte der Patienten, die geringe Dosen von Ketamin injiziert bekommen hatten, reduzierten sich die Symptome bereits nach weniger als zwei Stunden. 71 Prozent fühlten sich am Tag danach besser und 35 Prozent taten dies noch nach einer Woche.

Das Besondere liegt in der Schnelligkeit der Wirkung. Bei gängigen Antidepressiva dauert die Therapie oft mehrere Wochen oder Monate, bevor eine Besserung der psychischen Lage eintritt. Das kann bei schweren Depressionen, die oft mit Selbstmord enden, fatal sein.
Droge beeinflusst andere Stoffwechselvorgänge
Allerdings kann Ketamin ähnlich wie "Ecstacy" Halluzinationen oder so genannte "Out of Body"-Erlebnisse bewirken, weshalb es auch als Droge klassifiziert wird. Da es im Vergleich zu anderen Halluzinogenen milder ist, wird es aber schon bisher als legales Anästhetikum und als Beruhigungsmittel für Pferde verwendet.

Im Unterschied zu anderen Antidepressiva, welche die Konzentration der Neurotransmitter Serotonin und Dopamin im Gehirn erhöhen, dockt der Wirkstoff direkt an so genannte NDMA-Rezeptoren, die eine Rolle beim Lern- und Gedächtnisprozess spielen, an. Damit erklärt sich seine schnelle Wirkung.
Suche nach neuen Substanzen ohne psychotische Effekte
Bisher gibt es jedoch noch keine Langzeitstudien zu unerwünschten Nebenwirkungen wie etwa mögliche Gehirnschäden. Daher kann es bis zu einer regulären Abgabe von Ketamin noch dauern, so der Studienleiter Carlos Zarate.

Der psychotische Wirkung von Ketamin verfliegt, bevor seine antidepressive einsetzt. Daher vermuten die Forscher, dass die beiden Effekte unabhängig von einander sind. Das Team sucht nun weiter nach ähnlichen Wirksubstanzen, jedoch ohne psychedelische Reaktionen.

[science.ORF.at, 9.8.06]
->   Ketamin
->   National Institute of Mental Health
->   news@nature
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01.01.2010