News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Blütenfarben: Wanderungen im "Fitnessgebirge"  
  Dass die bunte Farbenvielfalt von Blumen sehr schön sein kann, ist offensichtlich. Dass Farben aber auch einen konkreten Nutzen haben, zeigt eine Studie an Löwenmäulchen. Denn: Obwohl sie genetisch möglich wären, setzen sich nicht alle Farben durch - die Selektion lässt dies nicht zu.  
In den Pyrenäen gibt es gelbe und rosa Arten des Löwenmauls, dennoch ist keine orange Gattung entstanden.

Die Ursache liegt vermutlich in der geringeren evolutionären Fitness, da Orange für die potenziellen Bestäuber weniger attraktiv ist. Das berichten britische und französische Biologen um Annabel C.Whibley vom John Innes Centre.
...
Die Studie "Evolutionary Paths Underlying Flower Color Variation in Antirrhinum" von Annabel C.Whibley et al. ist in "Science" (Bd.313, S.963-965, 18.August. 2006) erschienen.
->   Studie
...
Natürliche Farbvariationen
 
Bild: A. Whibley / Science

Eine Hummel bestäubt ein Löwenmaul "A. m. pseudomajus"

In Südeuropa gibt es je nach Taxonomie zwischen 17 und 28 Arten der Gattung Antirrhinum, dem Löwenmaul. Obwohl die Pflanzen unterschiedliche Erscheinungsformen und Farben zeigen, kann man die Arten miteinander kreuzen.

Meist wachsen die Spezies in räumlich getrennten Zonen, was eine natürliche Hybridisierung ausschließt. Zu Kreuzungen kommt es normalerweise nur dort, wo ein enger Kontakt zwischen den Arten existiert.

In einer bestimmten Region der Pyrenäen gibt es sowohl gelbe als auch rosarote Löwenmäulchen, die sehr eng verwandt sind. Dennoch findet man keine orangefärbigen Pflanzen. Deswegen wählten die Wissenschaftler genau diesen Ort, um die Farbvariation in natürlichen Populationen zu untersuchen.
Ein guter Platz: Auf dem "Fitness-Berg"
Bild: A. Whibley / Science
Das Team identifiziert drei Stellen auf den Chromosomen der Blume, wo die für die Farbausprägungen verantwortlichen Gene sitzen.

Anhand dieser Informationen modellierten die Biologen eine Art virtueller "Fitness-Landschaft" der verschiedenen Genotypen. Jede existierende Form besetzt in diesem dreidimensionalen Computermodell einen "Berg", in den Tälern befinden sich die weniger überlebensfähigen Arten.

Kreuzt man gelbe und rosarote Löwenmäulchen entstehen solche mit orangefarbigen Blüten. Da diese in der freien Natur nicht vorkommen, müssen sie sich wohl in einem "Fitnesstal" befinden.

Vermutlich sind sie für bestäubende Insekten nicht so attraktiv. Die Bestäubung mit fremder Hilfe jedoch ist für das Überleben dieser Pflanze wesentlich, weil sie im Zweifelsfall die Pollen nicht selbst übertragen kann.
Erhalt der Fitness am wichtigsten
Leut Whibley folgte die Entwicklung der Löwenmäulchen einer ganz bestimmten Route: Das Fitnesstal der orangefarbigen Blüten wurde umgangen, weil offenbar die Möglichkeit einer evolutionären Gratwanderung von einem zum nächsten Gipfel besteht.

[science.ORF.at, 18.8.06]
->   John Innes Centre
->   Löwenmäuler (Wikipedia)
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Hummeln bevorzugen warme Blüten (3.8.06)
->   Erstaunliche Gedächtnisleistung von Bienen (29.3.05)
->   Gene lassen Blumen den Frühling erkennen (19.9.02)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010