News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Schlüsselfaktor der Menschwerdung entdeckt?  
  US-Forscher haben ein Gen gefunden, das vielleicht für den Übergang vom Affen zum Menschen entscheidende Bedeutung hatte: Der Erbfaktor "HAR1F" beeinflusst die Gehirnentwicklung.  
Eigentlich handelt es sich bei HAR-1F nicht um ein klassisches Gen, sondern um einen DNA-Abschnitt, der in RNA umgeschrieben wird, berichtet ein Team um David Haussler vom Center for Biomolecular Science & Engineering der University of California in Santa Cruz.

Diese RNA-Moleküle beeinflussen vermutlich wiederum die Aktivität anderer Gene. Wie das im Detail passiert, ist noch unbekannt.
...
Die Studie "An RNA gene expressed during cortical development evolved rapidly in humans" von Katherine S. Pollard et al. erschien auf der Website von "Nature" (doi:10.1038/nature05113).
->   Abstract
...
Initialzündung für Hominisation?
An sich ist HAR1F kein ungewöhnliches Gen. Es findet sich im Erbgut aller Säugetiere und auch bei Vögeln. Die menschliche Version dieses Gens weist aber gegenüber jener des Schimpansen an 18 Stellen Unterschiede auf, schreiben die US-Forscher.

Das ist deswegen bemerkenswert, weil so eine Differenz aus statistischen Gründen an höchstens einer Stelle der DNA-Sequenz zu erwarten gewesen wäre. Zum Vergleich: Die Schimpansen- und der Vogel-Version des Gens unterschiedet sich lediglich an drei Stellen, obwohl der gemeinsame Vorfahre von Affen und Vögeln vor äußerst langer Zeit, nämlich vor rund 300 Millionen Jahren gelebt hat.

Das führt zu der Vermutung, dass das Gen bei der Abspaltung der zum Menschen führenden Stammbaumlinie eine wichtige Rolle gespielt hat.
Rasche Gen-Veränderungen
Dementsprechend müssen sich die entscheidenden Veränderungen evolutionsgeschichtlich gesehen sehr schnell vollzogen haben, und zwar innerhalb von wenigen Millionen Jahren. Dieser Teil des menschlichen Genoms habe sich etwa 70 mal so schnell verändert wie der Rest, schreiben die Autoren der Studie.

Es sei möglich, dass es für die erstaunliche Vergrößerung des Gehirns bei den damaligen Urmenschen verantwortlich war. Für diese These spricht, dass HAR-1F etwa in den so genannten Cajal-Retzius-Neuronen aktiviert wird, die eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung der Großhirnrinde spielen.
Wirkung oder Ursache?
Andrew Clark von der Universität Cornell, ein nicht an der Studie beteiligter Molekularbiologe, äußert indes Skepsis. Eine so schnelle genetische Veränderung sei schwer vorstellbar. Dafür müsse es eine besondere Ursache geben, so Haussler. Er führt die Geschwindigkeit der Entwicklung auf den enormen Veränderungsdruck zurück, der dadurch entstanden sei, dass sich die Menschen aufrichteten und auf zwei Beinen gingen.

[science.ORF.at/APA/AP, 18.8.06]
->   Website von David Haussler
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010