News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Gehirndoping: Licht macht schlau  
  Die Tage werden langsam, aber sicher wieder kürzer. Das kann auf die Laune schlagen und uns müde machen. Licht kann helfen. Forscher haben herausgefunden, dass sein gezielter Einsatz nicht nur die Stimmung verbessert, sondern auch die Aufmerksamkeit steigert. Schon 21 Minuten direkte Bestrahlung am Morgen erhöhen die Leistungsfähigkeit.  
Zahlreiche Gehirnfunktionen werden durch Licht gesteuert. Aber wenig ist bekannt über die neurologische Basis dieser Einflüsse, besonders bei Tageslicht.

Gilles Vandewalle und seine Kollegen konnten zeigen, dass bestimmte Dosen von hellem weißem Licht auch tagsüber positive Wirkungen haben.

Sie konnten jene Gehirnregionen identifizieren, die an diesem Vorgang beteiligt sind, berichten sie in "Current Biology".
...
Die Studie "Daytime Light Exposure Dynamically Enhances Brain responses" von Gilles Vandewalle ist im "Current Biology" (Bd. 16, S.1616-1621, 22. August 2006) erschienen.
->   Studie
...
Licht steuert unser Leben
Unser Gehirn braucht Licht nicht nur zum Sehen. Das Nervensystem nimmt die uns umgebende Helligkeit wahr und steuert so ein ganze Reihe physiologischer Prozesse.

Die Liste der beeinflussten Funktionen ist lang: Herzschlag, Biorhythmus, Hormonausschüttung und vieles mehr. Ohne Licht könnten wir praktisch nicht leben.
Helligkeit beeinflusst den Gehirnstoffwechsel
Schon lange weiß man, dass Helligkeit ein entscheidender Faktor für die Produktion bestimmter Hormone darstellt, die unsere Wachheit steuern. Werden die Tage wieder kürzer, wird etwa deutlich mehr Melatonin produziert und wir werden dadurch müder.

Auch die so genannte Herbst- oder Winterdepression wird eindeutig einem Lichtmangel zugeschrieben, da dieser zum Abfall des Gehirnbotenstoffs Serotonin führt. Der wiederum ist wesentlich für unsere Stimmungslage.

Dass der gezielte Einsatz von Licht in diesem Fall helfen kann, ist allgemein bekannt. Vandewalle und sein Team konnten mit einem Experiment zeigen, dass dieser auch bei der Anregung anderer Gehirnfunktionen helfen kann.
Ein Subsystem verarbeitet Lichteinflüsse
Die Forscher nehmen an, dass alle nicht visuellen Reaktionen auf Licht in einem eigenen Subsystem des Gehirns abgewickelt werden, die Forscher sprechen von einem "non-image forming (NIF) system". Dieses steuert alle möglichen Reaktionen auf kürzere Wellenlängen, im Gegensatz zur Verarbeitung längerer Wellenlängen für das Sehen.

Dieses System ist bei Tieren schon besser erforscht. Beim Menschen haben sich die Studien bislang vor allem damit beschäftigt, was nächtliches Licht bewirkt. Was tagsüber passiert, ist noch relativ ungeklärt. Noch weniger war bekannt, welche Gehirnregionen tatsächlich daran beteiligt sind und welchen zeitlichen Verlauf diese Reaktionen haben.
Schon 21 Minuten führten zur signifikanten Steigerung
Um diese Effekte zu untersuchen, mussten Probanden in einem Experiment kognitive akustische Aufgaben lösen, bevor und nachdem sie kurz hellem Licht ausgesetzt waren. Nach der Bestrahlung von 21 Minuten stiegen Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit signifikant.

Die Gehirnaktivität wurde durch Magnetresonanzbilder sichtbar gemacht. Dabei zeigte sich ein deutlicher Anstieg in einigen Regionen.

Die Verbesserungen standen im linearen Zusammenhang mit der Aktivitätssteigerung in einigen Bereichen der Großhirnrinde und in einem spezifischen Thalamuskern - ein Teil des Zwischenhirns, der sensorische Informationen verarbeitet. Der Anstieg in diesen Regionen hat offensichtlich die Leistungsverbesserung beim Lösen der akustischen Aufgabe bewirkt.

Gleichzeitig sind die auftretenden Veränderungen im Gehirn zeitlich sehr dynamisch. Das heißt, die Reaktion erfolgt sehr schnell, verfliegt aber auch bald wieder.
Schnelle Hilfe gegen Schläfrigkeit?
Die Ergebnisse legen nahe, dass eine relativ kurze Bestrahlung mit Licht auch während des Tages schnell bestimmte Gehirnaktivitäten wie Aufmerksamkeit und nicht visuelle kognitive Prozesse beeinflussen kann.

Die unregelmäßigen Lebensrhythmen unserer modernen Gesellschaft führen bei vielen zur permanenter Schläfrigkeit. Die dadurch eingeschränkte Aufmerksamkeit stellt ein Problem dar.
Möglicherweise könnten die neu gewonnenen Erkenntnisse hier Abhilfe schaffen, indem sie andere Wege der Leistungssteigerung ermöglichen.

[science.ORF.at, 22.8.06]
->   Thalamus (Wikipedia)
->   Serotonin (Wikipedia)
->   Melatonin (Wikipedia)
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Saisonales Stimmungstief: Wenn der Winter depressiv macht (24.01.03)
->   Wie die innere Uhr mit dem Körper spricht (28.05.02)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010