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"Austroamerikanerin" über Vorteile der US-Forschung  
  Forschung und Technologie können Industrieländern helfen ihren Reichtum zu verteidigen, Entwicklungsländern dabei, Armut zu bekämpfen. Verbunden sind alle im "Wettbewerb um die besten Köpfe der Wissenschaft". Dass Europa dabei speziell von den USA einiges lernen kann, betonte bei den Technologiegesprächen in Alpbach Claire Gmachl. Die Physikerin hat an der Uni Innsbruck studiert und ist seit drei Jahren Professorin für Elektrotechnik an der Princeton University.  
2004 wurde die Expertin für Quantenkaskaden-Laser vom amerikanischen Journal "Popular Science" unter die zehn brillantesten Wissenschaftler des Jahres gewählt.

Außerdem gehört sie zu jener raren Spezies heimischer Physiker, die einen umfangreichen Eintrag auf Wikipedia haben - allerdings in der englischsprachigen Variante.
->   Claire Gmachl (Wikipedia)
"Eingekocht" vom US-System
Studiert hat Gmachl in Innsbruck, dann war sie an den TU's in Wien und München, ehe sie eine Postdoc-Stelle in den Bell Laboratories antrat. Entgegen den ursprünglichen Rückkehrplänen wurde sie aber dann vom US-Hochschulsystem "eingekocht", wie sie sagt.

"Man geht dort hin und sieht Wege Wissenschaft zu betreiben, die man sich bis dahin nicht vorstellen konnte. Und man wird selbst viel besser und produktiver dabei."
Mehr Freiheit, Risiko und Geld
Bild: ORF
Claire Gmachl
Es seien vor allem drei Punkte, die dieses System auszeichnen. "Erstens hat man schon als junger Wissenschaftler in allen Forschungszweigen viel mehr Freiheit und Verantwortung ", so Gmachl.

Zweitens fördere und belohne das US-System Risikobereitschaft. "Mann muss und soll Dinge zum ersten Mal machen und nicht auf Nummer sicher gehen, wo man schon weiß, wie es funktioniert." Dabei ginge zwar viel daneben, aber das, was funktioniert, "bringt einen weiter".

Drittens seien bekanntermaßen die Rahmenbedingungen besser: mehr Geld, bessere Labors und Ausrüstung, bessere Mitarbeiter und Wissenschaftler stünden in den USA zur Verfügung.
Positiver "Wettbewerb um Talente"
Im "Wettbewerb um die Talente" in der Wissenschaft, wie eine Diskussionsrunde am Donnerstagabend bei den Technologiegesprächen des Forum Alpbach hieß, sind die USA damit im globalen Vergleich nach wie vor führend.

Diesen Wettbewerb hält Gmachl prinzipiell für positiv, es gebe dabei aber auch "moralische Verpflichtungen". Und die heißen schlicht, Probleme der Gesellschaft zu lösen. Der wirtschaftliche Aufschwung, zu dem Forschung und Entwicklung beiträgt, solle allen Ländern zugute kommen, betont Gmachl.

Wissenschaft habe auch den Zweck Armut zu lindern und Alphabetisierung zu bringen. "Das soziale Engagement der Wissenschaft soll man nicht unterschätzen."
Bereits 40 Prozent weibliche Elektrotechniker
Ebenfalls wichtig sei die Einbeziehung von Frauen und Minderheiten in technische Studien. In ihrem Fach, der Elektrotechnik an der Princeton University, gebe es heute bereits 40 Prozent Studentinnen. Der Anteil von Frauen in der Professorenschaft sei zwar deutlich geringer, liege aber deutlich über den Werten in Europa.

Möglich geworden sei dies einerseits durch gezielte klassische Werbung, die jungen Mädchen Technik-Studien "schmackhaft" gemacht haben. Andererseits aber auch durch Studien, die Schwierigkeiten bei der Studienwahl oder beim Studienwechsel identifizierten und änderten. Mittlerweile haben sich weibliche Vorbilder wie Gmachl herausgebildet, denen die Studentinnen nacheifern können.
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Technologiegespräche in Alpbach
"Wettbewerb um die Talente" lautete auch der Titel einer Diskussionsrunde am Donnerstagabend bei den Technologiegesprächen des Forum Alpbach, an der Claire Gmachl teilnahm. Andrew Herbert, Direktor von Microsoft Research in Cambridge, machte sich dabei für "Computational Thinking" stark. Dieses "Computerdenken" erfordere Interdisziplinarität und Vernetzung, was durch historisch gewachsene Fachgrenzen aber erschwert werde.
->   Technologiegespräche in Alpbach
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Mehr Angehörige ethnischer Minderheiten
Nicht nur einen höheren Frauenanteil gibt es in den USA bei den Technikwissenschaften, sondern auch viel mehr Angehörige ethnischer Minderheiten. Auch hier sieht Gmachl einen Nachholbedarf Europas, wo sowohl Frauen als auch Angehörige der "zweiten und dritten Generation Eingewanderter" unterrepräsentiert sind.

"Etwas, was mich an den USA so fasziniert, ist, dass die Kinder von Einwanderern sich wirklich gut schlagen, leistungsorientiert sind und sich selber integrieren in die Gesellschaft", so Gmachl.

Ihre eigene Zukunft sieht sie in den USA. Trotz "Forscher-Rückholaktionen" wie "Brain Power Austria" möchte Gmachl zumindest in den nächsten 15 Jahren jenseits des Atlantiks weiter forschen. Nicht zuletzt da sie gerade ein neues Forschungszentrum gestartet hat und dies nun "zum Laufen bringen" möchte.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 25.8.06
->   Claire Gmachl, Princeton University
->   Andrew Herbert, Microsoft Research
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Radio-Hinweis
Die Ö1-Dimensionen widmen sich am Freitag, 25. August, und am Montag, 28. August, ebenfalls den Technologiegesprächen in Alpbach: Radio Österreich 1, 19.05 Uhr.
->   Ö1 zum Forum Alpbach 2006
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->   Magazin zeichnet österreichische Physikerin aus (10.12.04)
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01.01.2010