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Früheste Musikhandschriften Bachs entdeckt  
  Deutsche Forscher haben in einer Leipziger Bibliothek zwei Musikhandschriften des jungen Johann Sebastian Bach entdeckt. Sie liefern ihnen zufolge wichtige Hinweise auf die bisher kaum bekannte Jugendzeit Bachs.  
Der Präsident der Klassik Stiftung Weimar, Hellmut Seemann, und der Direktor des Bach-Archivs Leipzig, Christoph Wolff, bezeichneten den Fund in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek am Donnerstag als "Sensation".
Jugendjahre bisher ein "weißer Fleck"
Bild: AP
Bei den Blättern handelt es sich um Abschriften von zwei Orgelwerken von Dietrich Buxtehude und Johann Adam Reinken, die der knapp 15 Jahre alte Bach in Lüneburg anfertigte.

"Wir sind absolut sicher, dass es sich um die frühesten Schriftzeugnisse Bachs handelt", erklärten die Forscher Michael Maul und Peter Wollny vom Bach-Archiv Leipzig.

"Nunmehr können fundierte Aussagen über die ersten 20 Jahre in Bachs Leben getroffen werden", betonte Maul. Bisher seien seine Jugendjahre fast ein weißer Fleck, allenfalls nur mosaikhaft vorhanden, ergänzte Wollny.
Biografien sind zu ergänzen
Bach (1685-1750) schrieb die Orgelwerke nachweislich auf Papier mit dem Wasserzeichen des Lüneburger Organisten Georg Böhm (1661-1733).

Maul und Wollny sehen darin den ersten dokumentarischen Beleg dafür, dass der junge Bach ein Schüler Böhms war und wahrscheinlich in dessen Haus wohnte. "Wir müssen die Bach- Biografie zur Jugendzeit überarbeiten und ergänzen", sagte Wolff.
Aus Großfeuer gerettet
Bachs Abschriften von Buxtehudes Choralfantasien "Nun freut euch lieben Christen gmein" und Reinkens "An Wasserflüssen Babylons" fanden Maul und Wollny in den Mittelalter-Handschriften der Forschungsbibliothek.

In der Nacht des Großfeuers in der Weimarer Bibliothek im September 2004 wurden sie als Anhang bekannter Notenpartituren von Johann Pachelbel im Tresor im Stadtschloss aufbewahrt, wie Bibliotheksdirektor Michael Knoche erklärte.
Frühe Begabung erkennbar
"Das ist kein Kind, das hier schreibt", sagte Wollny. Bach habe die schwierige Buchstabenschrift, Tabulatur genannt, nicht nur beherrscht, sondern es sei davon auszugehen, dass er bereits früh hohe virtuose Fähigkeiten besaß und vom Blatt spielen konnte.

Es entstehe das Bild eines jungen Erwachsenen mit großem Sachverstand für die polyphone Musik, der als Zwölfjähriger schon weiter im Orgelspiel gewesen sei als die meisten Organisten seiner Zeit. "Hier zeigt sich eine Begabung, die vielleicht nur mit Mozart vergleichbar ist."
Sonderschau in Leipzig
Im vergangenen Jahr hatte das Bach-Archiv bereits eine Arie von Bach in der Weimarer Bibliothek aufgespürt, die durch Zufall ebenfalls nicht dem Brand zum Opfer gefallen war.

Das Bach-Archiv durchforstet derzeit Archive und Bibliotheken in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt nach bisher unbekannten Dokumenten der Bach- Familie.

Laut Wolff wurden seit 2002 mehrere Dutzend Dokumente über die Musikerfamilie gefunden. Sie sollen ab 20. September in einer Sonderschau in Leipzig präsentiert werden.

[science.ORF.at/APA/dpa, 31.8.06]
->   Herzogin Anna Amalia Bibliothek
->   Johann Sebastian Bach (Wikipedia)
->   science.ORF.at-Archiv zum Thema Musik
 
 
 
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01.01.2010