News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Medizin-Nobelpreis 2006 für Entdeckung der RNA-Interferenz  
  Für eine bahnbrechende Methode zur gezielten Unterdrückung von Genen bekommen zwei US-Forscher den Medizin-Nobelpreis 2006: Andrew Z. Fire von der Stanford University in Kalifornien und Craig C. Mello von der Massachusetts Medical School in Worcester werden für ihre Arbeiten zur RNA-Interferenz ausgezeichnet, wie das Karolinska-Institut in Stockholm mitteilte.  
Dieses Verfahren, mit dem der Fluss genetischer Information unterbrochen werden kann, spielt auch beim Kampf gegen Viren eine wichtige Rolle. Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist in diesem Jahr mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro (10 Mio. Schwedischen Kronen) dotiert.

"Das Pfiffige an ihrer Entdeckung ist, dass sie die Mittel der Natur selbst zur Anwendung bringt", sagte der Sprecher des Nobelkomitees, Hans Jörnvall, in Stockholm. "Dies eröffnet fantastische Möglichkeiten. Natürlich dauert es noch etliche Jahre, bis wir daraus Arzneimittel bekommen werden. Aber die Prinzipien sind klar."
Revolutionäre Methode für die Genetik
Bild: EPA
Craig C. Mello
Die RNA ist eine Kopie des Erbguts und damit Bauanleitung für Proteine, die fast alle Funktionen im Organismus steuern. Im Gegensatz zur doppelsträngigen DNA kommt sie normalerweise einsträngig vor. Im Jahr 1998 publizierten Fire und Mello ihre viel beachtete Entdeckung, die sie an winzigen Fadenwürmern machten, im Fachjournal "Nature" (Bd. 391, S. 806).

2002 wurde das Verfahren vom Fachjournal "Science" als "Durchbruch des Jahres" gefeiert und lässt seitdem die Biotech-Branche boomen: Gene lassen sich demnach gezielt ausschalten, wenn künstlich produzierte doppelsträngige RNA-Stücke in die Zellen gebracht werden.
Natürlicher Schutz vor Viren
Bild: EPA
Andrew Z. Fire
In der Tat ist RNA-Interferenz ein Prinzip, mit dem sich vor allem niedere Organismen vor Viren schützen, die ihr Erbgut einschleusen wollen. Auch das gezielte An- und Ausschalten von Genen im Laufe der menschlichen Entwicklung, die Genexpression, wird über RNA- Interferenz gesteuert.

Die Forscher haben damit nun ein Werkzeug an der Hand, um durch gezieltes Ausschalten zu prüfen, wofür ein Gen zuständig ist. So konnte im Tierversuch bereits ein Gen stumm geschaltet werden, das für einen hohen Cholesterinspiegel verantwortlich ist.

Künftig könnten mit diesem Verfahren auch Therapien gegen Virusinfektionen, Gefäßleiden, Krebs oder Hormonstörungen entwickelt werden. Im vergangenen Jahr hatten Fire (Jg. 1959) und Mello (Jg. 1960) auch die höchste deutsche Medizin-Auszeichnung bekommen, den Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis.
Reaktionen
"Das ist toll. Und es ging so schnell. Die beiden haben ja erst 1998 ihre Entdeckungen erstmals publiziert", zeigte sich die Wiener RNA-Forscherin Renee Schröder von den Max Perutz Laboratories begeistert über die Auswahl, die das Nobelpreiskomitee in diesem Jahr getroffen hat.

Philipp Leuschner vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien betonte die Bedeutung der neuen Erkenntnisse: "Die RNAi hat die Forschung genau so revolutioniert wie ehemals die Polymerase-Kettenreaktion, mit der man binnen kürzester Zeit ein Gen im Reagenzglas vermehren kann. Heute ist es durch RNA-Interferenz möglich, ein Gen in einer Zelle binnen Stunden stillzulegen."
Nächste Auszeichnungen: Physik und Chemie
Am Dienstag werden die diesjährigen Träger des Physik- und am Mittwoch die des Chemie-Nobelpreises bekannt gegeben. Die Auszeichnungen werden wie in jedem Jahr am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, in Stockholm überreicht.

[science.ORF.at/APA/dpa, 2.10.06]
->   Website von Andrew Z. Fire
->   Website von Craig C. Mello
->   The Nobel Foundation
->   RNA-Interferenz - Wikipedia
->   Nature-Schwerpunkt zur RNA-Interferenz
Die Nobelpreise für Medizin der letzten Jahre:
->   Medizin-Nobelpreis 2005 für Entdeckung von Magenkeim
->   Medizin-Nobelpreis 2004 für Studien zum Geruchssystem
->   Medizin-Nobelpreis 2003 für Magnetresonanz-Abbildung
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung .  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010