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Wirtschaftsnobelpreis: US-Ökonomen sind Favoriten  
  Die heißen Tipps für die diesjährigen Empfänger der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung, die am Montag in Stockholm verliehen wird, kreisen wie üblich um Forscher aus den Vereinigten Staaten.  
Favoriten-Umfrage
Die Theorien der meist genannten Kandidaten drehen sich um internationalen Handel, Staatsausgaben und effiziente Märkte. Bei einer Umfrage des Unternhemens Thomson Scientific stehen dieses Mal der an der Columbia-Universität lehrende Inder Jagdish Bhagwati sowie der als Kolumnenschreiber bekannte Paul Krugman und sein Kollege Avinash Dixit von Princeton ganz oben auf der Liste. Alle drei forschen über Handelsbeziehungen.

Genannt wird auch Robert Barro von der Harvard-Universtität. Er hat die "ricardianische Äquivalenz" weiterentwickelt, die auf den Anfang des 19. Jahrhunderts lebenden Ökonomen David Ricardo zurückgeht.

Kerngedanke ist, dass steigende Staatsschulden das Wachstum nicht stärken können, weil es die Bürger aus Sorge über künftige Steuererhöhungen nur zum Sparen bringt. Als Preisträger wird auch Eugene Fama, ein führender Finanzmarktforscher, gehandelt.

Der in Chicago lehrende Ökonom beschäftigt sich mit der Theorie effizienter Märkte. Danach spiegeln Börsenkurse alle erhältlichen Informationen wider - woraus folgt, dass Anleger mehr Glück als Verstand brauchen, um mehr Gewinn als der gesamte Markt zu erzielen.
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Kein echter Nobelpreis
Der mit zehn Mio. schwedischen Kronen (rund 1,1 Mio. Euro) dotierte Preis für die Wirtschaftswissenschaften war ursprünglich gar nicht auf der Liste der wissenschaftlichen Auszeichnungen, die im Gedenken an den schwedischen Millionär Alfred Nobel vergeben werden. Die Ökonomen traten erst 1969 auf Initiative der schwedischen Zentralbank in den Olymp der Forscher ein.
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Milton Friedman, der Ober-Preisträger
Als wichtigster Preisträger, dessen Einfluss auf die Wirtschaft nicht wegzudenken ist, gilt der US-Amerikaner Milton Friedman. Der heute 94-jährige wurde vor 30 Jahren für seine Theorien über den Zusammenhang der Geldversorgung der Wirtschaft mit der Preisentwicklung ausgezeichnet.

Auf längere Sicht führt zu viel Geld, das die Zentralbanken bereitstellen, demnach immer zu Inflation. Für den deutschen Bundesbank-Präsidenten Axel Weber ist Friedman der Top-Nobelpreisträger:

"Mit dieser Erkenntnis hat Milton Friedman maßgeblich dazu beigetragen, die Grundlagen für eine stabilitätsorientierte Geldpolitik in vielen Teilen der Welt zu legen." Die Zentralbanken waren nicht zuletzt dank seiner Theorie erfolgreich im Kampf gegen Inflation.
Einfluss auf die Politik
Für die Wirtschaftspolitik unverzichtbare Einsichten hatte für Weber auch der Nobelpreisträger von 1995, Robert Lucas, und seine Theorie der rationalen Erwartungen. "Er hat damit die Art und Weise, in der wir über gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge und Auswirkungen politischer Maßnahmen auf das Wirtschaftsgeschehen denken, nachhaltig verändert", sagt der Bundesbank-Chef, der selbst Wirtschaftsprofessor ist.

Um die Geldpolitik haben sich auch Finn Kydland und Edward Prescott, die Preisträger von 2004, verdient gemacht. Für viele Volkswirte sind sie besonders wichtig, weil ihre Arbeiten über Inflationssteuerung einigen Zentralbanken wie der Bank von England zur Handlungsanweisung wurden.
2006: Auszeichnung für Spieltheoretiker
Im vergangenen Jahr ging der Nobelpreis an den Israeli Robert Aumann und den US-Amerikaner Thomas Schelling, die die Spieltheorie weiterentwickelt haben. Mit dieser auch von Nash maßgeblich geprägten Theorie können Interessenkonflikte in Wirtschaft und Handel gelöst werden.

Volkswirte sollten sich allerdings immer der Grenzen ihrer Wissenschaft bewusst sein, schrieb der unlängst mit 97 Jahren verstorbene bekannte Ökonom John Kenneth Galbraith seiner Zunft einmal ins Stammbuch: "Die einzige Funktion von Wirtschaftsprognosen ist, dass sie die Astrologie seriös erscheinen lassen."

[science.ORF.at/Reuters, 6.10.06]
->   ISI - Thomson Scientific
->   Nobel Foundation
->   Ökonomie-Nobelpreis - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010