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Wolf Lepenies erhält Friedenspreis  
  Der Soziologe und Wissenschaftsmanager Wolf Lepenies hat am Sonntag den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels entgegengenommen. In seiner Dankesrede in der Frankfurter Paulskirche forderte Lepenies den Westen zu stärkeren Anstrengungen auf, das "Projekt einer islamischen Moderne" vorantreiben. Dabei könne Deutschland eine besondere Rolle übernehmen. Der renommierte Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.  
"Mit der Moderne kompatibler Islam"
"Es gilt für den Westen, mit aller Kraft die Leitidee eines mit der Moderne kompatiblen Islam zu stärken", sagte Lepenies. Diese Idee müsse aus der Mitte der muslimischen Welt entwickelt und propagiert werden.

"Es geht um die Stärkung von Gruppen, die zwischen Islam und Moderne keinen Gegensatz sehen und von der Demokratiefähigkeit muslimischer Gesellschaften überzeugt sind", forderte Lepenies, der von 1986 bis 2001 das renommierte Berliner Wissenschaftskolleg leitete und dort 1994 den Forschungsschwerpunkt "Moderne und Islam" initiierte.
"Unterförderung der Geisteswissenschaften"
Scharfe Kritik übte Lepenies, der bis April dieses Jahres Professor an der FU Berlin war, an der Hochschulpolitik. Die "chronische finanzielle Unterförderung der Geisteswissenschaften" beruhe auch auf auf ihrer Unterforderung. "Diese Unterforderung können wir uns nicht länger leisten", sagte Lepenies.
Kenner des Ostens
Der rumänische Philosoph Andrei Plesu bezeichnete Lepenies in seiner Laudatio als "Front-Mensch" und "Kämpfer" für den Frieden. "Den Frieden, den Lepenies möglich macht, ist nicht der Frieden eines engelhaften Redners, sondern der Frieden eines gut informierten und pragmatischen Experten."

Plesu würdigte den Preisträger als herausragenden Kenner des Ostens. "Nur sehr wenige unter den abendländischen Forschern haben solch ein exaktes und nuanciertes Verständnis des Ostens wie er", sagte Plesu. Lepenies sei ein Wissenschaftler, der dem Krieg Kommunikation und Erkenntnis gegenüber stelle.
Konnex zwischen Moral und Wissenschaft
Lepenies belege durch Wort und Tat, dass zwischen Verhalten und Wissen, zwischen Moral und Wissenschaft ein unauflöslicher Zusammenhang bestehe, heißt es in der Begründung des Stiftungsrates.

Zwischen den in Kunst und Wissenschaft verbreiteten Haltungen von Enthusiasmus und Skepsis habe Lepenies sich für eine dritte entschieden, schrieb der Stiftungsrat: den intellektuellen Anstand. Mit seinem Engagement besonders in Osteuropa habe er Völker und Kulturen im friedlichen Gespräch zusammengeführt. "An die Stelle des Drohbildes vom 'Zusammenprall der Kulturen' hat er das Hoffnungsbild kultureller Lerngemeinschaften gesetzt und solche Gemeinschaften in seinem Umkreis beispielhaft begründet."

Zu den bisherigen Preisträgern gehörten unter anderen Albert Schweitzer, Theodor Heuss, Ernst Bloch, Max Frisch, Astrid Lindgren, Yehudi Menuhin, Siegfried Lenz, Vaclav Havel, Martin Walser und im vergangenen Jahr der Türke Orhan Parmuk.

[science.ORF.at/APA/AP/Reuters/dpa, 9.10.06]
->   Wolf Lepenies - Wikipedia
 
 
 
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01.01.2010