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ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Bisher kleinstes Erbgut entziffert: Nur 182 Gene  
  Das Erbgut des Menschen besteht aus rund drei Milliarden Basenpaaren und 30.000 Genen. Bakterien bringen es im Schnitt auf einige Millionen Basenpaare - sehr viel mehr als das bisher kleinste Erbgut, das nun von einem internationalen Team an Genforschern entziffert wurde.  
Das Bakterium Carsonella ruddii besitzt nur 160.000 DNA-Bausteine und 182 Gene. Das Mini-Genom des Endosymbionten wirft die Frage auf, ob es überhaupt noch ein lebender Organismus ist.

Von dem neuen Miniaturrekord in Sachen "Bauplan des Lebens" berichtet ein Team um Atsushi Nakabachi von der Universität Arizona und Masahari Hattori von der Universität Tokio.
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Die Studie "The 160-Kilobase Genome of the Bacterial Endosymbiont Carsonella" ist in "Science" (Bd. 314, S. 267, Ausgabe vom 13.10.06) erschienen.
->   Science
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Keine Erbsubstanz für Stoffwechsel
Bild: Science
Flohzelle mit den Bakterien
Was dem Bakterium Carsonella ruddii die Existenz rettet, ist seine Lebensweise: Es kann nur in einem Blattfloh überleben und versorgt diesen im Gegenzug mit Aminosäuren, die der Blattfloh selbst nicht herstellen kann. Diese symbiotische Lebensweise ist in der Natur durchaus verbreitet.

Das Besondere an dem nun analysierten Bakterium ist nun, dass es sein Genom so weit verkleinert hat, dass es nach herkömmlicher Definition nicht mehr als "Leben" gilt.

Ihm fehlen Gene für den Aufbau seiner Zellhülle und seinen Stoffwechsel. Bisher wurde die Minimalgröße eines Genoms auf 400.000 Bausteine geschätzt.
Weiteres Mini-Genom entdeckt
Bild: Nancy Moran, The University of Arizona.
Blattfloh mit Endosymbionten (gelber Bereich)
In derselben Ausgabe von "Science" berichten Amparo Latorre von der Universität Valencia (Spanien) und seine Mitarbeiter von einem symbiontischen Bakterium (Buchnera aphidicola), dessen Genom aus 416.000 Bausteinen besteht und 362 Proteine produziert.

Auch dieses Bakterium lebt symbiontisch, und zwar in Blattläusen. Ebenso wie Carsonella ruddii fehlen ihm wichtige Zellwand- und Stoffwechselgene.

Darüber hinaus hat es sogar die Fähigkeit verloren, bestimmte essenzielle Substanzen (Tryptophan und Riboflavin) herzustellen. Damit büßt es auch seine Lieferantenrolle für seinen Gastgeber ein.
Verschiedene Symbiose-Strategien
Die Forscher vermuten, dass in den Blattläusen wahrscheinlich ein anderer Symbiont die Lieferantenrolle übernimmt, denn die Blattlaus bewirtet verschiedene solcher Gäste.

Der Blattfloh hingegen, in dem Carsonella ruddii lebt, hat nur diesen einen Symbionten. Das Team um Nakabachi geht daher davon aus, dass die wichtigen Gene aus dem bakteriellen Genom in das Erbgut des Gastgebers gewandert sind und nun dort ihre Funktion erfüllen.

[science.ORF.at/APA/dpa, 13.10.06]
->   The Moran Laboratory, University of Arizona
->   The Hattori Laboratory, University of Tokyo
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Bakterien-Genom: Klein, aber rein (19.8.05)
->   Erbgut des kleinsten Wirbeltiers entziffert (20.10.04)
 
 
 
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01.01.2010