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Handbuch: Geschichte der Juden in Österreich  
  Ein neues Handbuch versucht eine Gesamtdarstellung der "Geschichte der Juden in Österreich": Diese reicht vom Mittelalter bis zur Gegenwart, von der Ansiedlung der Juden bis zu deren Vertreibung.  
Der Wiener Münzmeister Schlom
Schlom der Münzmeister - mit ihm lässt das neue Handbuch die Geschichte der Juden in Österreich (zeitlich) beginnen. Der Münzmeister Schlom wird 1194 in einer Urkunde erwähnt und ist der erste schriftliche Nachweis eines Juden im Gebiet des heutigen Österreich.

Schon zuvor habe es Erwähnungen gegeben, sagt Mitautorin Martha Keil, Direktorin des St. Pöltner Instituts für Geschichte der Juden in Österreich (INJOEST), im ORF-Radio:

"In der sogenannten Raffelstettener Zollordnung [Anm. zwischen 903 und 906 entstanden] war von Juden und anderen Kaufleuten die Rede. Es wird hier - vermutlich - nicht zum Ausdruck gebracht, dass bereits Juden auf österreichischem Gebiet wohnen. Etwas später ist Schlom der Münzmeister somit der erste namentlich genannte, der in Wien wohnt, der eine bestimmte Aufgabe hat und der leider vier Jahre später von durchziehenden Kreuzfahrern ermordet wird."
Überblick und Zusammenschau
Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Österreich von der "Raffelstettener Zollordnung" um das Jahr 906 bis zum Mahnmal am Wiener Judenplatz aus dem Oktober 2000 will laut Mitautor Albert Lichtblau die Geschichte der jüdischen Bevölkerung als Ganzes betrachten und nicht Perioden herausgreifen. Der Historiker Lichtblau von der Universität Salzburg hat dem Buch die letzten Kapitel, von 1848 bis zur Gegenwart, beigesteuert:

"Für meinen Teil war das Schwierigste, die Geschichte des Holocaust in die Gesamtgeschichte einzubetten ¿ darauf hinzuweisen, dass es ein Davor und ein Danach gegeben hat, aber dass es auch den Holocaust gegeben hat. Ich habe mich bemüht, die Geschichte möglichst weit in die Gegenwart heraufzuziehen."

"Zum Beispiel gab es früher immer das Problem der Überalterung innerhalb der jüdischen Bevölkerung. Doch durch die Zuwanderung in den 90er Jahren gibt es eine kleine demographische Hoffnung. Es gibt mittlerweile einen größeren jüngeren Bevölkerungsanteil und das gibt einen kleinen Hoffnungsschimmer, dass z.B. wieder Familien gegründet werden", so Lichtblau.
Der Reihe nach, aus drei Blickwinkeln
Das Handbuch "Geschichte der Juden in Österreich" schreibt ebendiese Geschichte chronologisch, jeweils drei Sichtweisen berücksichtigend: zum einen das Selbstbild der jüdischen Bevölkerung - Kultur, Kultus, Schulwesen, jüdisches Recht, Gemeindeverwaltung; zum anderen die Sicht von außen - von judenfeindlichen Pogromen über Verordnungen bis hin zu Privilegien; und drittens die Kontakte zwischen Juden und Christen im Lauf der Jahrhunderte.

Martha Keil: "Kontakte hat es sehr viele gegeben! Alles, was an Übermittlung stattfindet - Kulturtransfer, Transfer von Ideen und von wissenschaftlichen Inhalten, von Geschmack, von Mode, von der Gestaltung des Lebensbereichs. Dinge, die man aus anderen, nicht-schriftlichen Quellen erschließen muss - z.B. anhand von sachkundlichen Quellen wie Kochgeschirr."

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft 31.10.06
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Zum Buch
"Geschichte der Juden in Österreich". Eveline Brugger/ Martha Keil/ Albert Lichtblau/ Christoph Lind/ Barbara Staudinger. Verlag Carl Ueberreuter. Wien 2006: 728 Seiten.
->   Ueberreuter
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->   Institut für Geschichte der Juden in Österreich
 
 
 
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01.01.2010