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Kindertransporte 1938/39: Ausstellung "Für das Kind"  
  10.000 - vor allem jüdische - Kinder wurden kurz vor dem Zweiten Weltkrieg durch "Kindertransporte" vor dem nationalsozialistischen Regime nach England gerettet. Mit auf die Flucht durfte jedes Kind nur einen Koffer nehmen. Gegenstände daraus haben ehemalige "Kinder" britischen Künstlerinnen zur Verfügung gestellt. Fotos davon sind derzeit in der Ausstellung "Für das Kind" in Wien zu sehen.  
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Ausstellung "Für das Kind"
Zeit: 8.-30. November 2006, Mo-Fr 10-18 Uhr; So 12-17 Uhr
Ort: Nestroyhof in 1020 Wien, Nestroyplatz 1
Eintritt frei
->   Nestroyhof
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Kindertransporte und Flucht vor den Nazis
 
Bild: Kindertransport Association (KTA)

Erster Kindertransport am 1. Dezember 1938

Zwischen Dezember 1938 und August 1939, nach den Pogromen der so genannten "Kristallnacht" und kurz vor Kriegsbeginn, wurden 10.000 - meist jüdische - Kinder aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei in Sicherheit vor dem NS-Regime gebracht.

Per Zug und Schiff nach Großbritannien. Die Rettungsaktion wurde als "Kindertransporte" bekannt. Auf die Reise durfte jedes Kind einen Koffer mitnehmen; der Inhalt war vorgeschrieben: kein Schmuck, kein Geld, keine Wertgegenstände, keine Musikinstrumente oder Fotokameras.
->   The Kindertransport Association (KTA)
Es bleibt ein Köfferchen
Das Buch "Andersens sämtliche Märchen"; ein roter Wollpulli mit Stehkragen; eine Stopfliesl; ein Paar Schlittschuhe aus braunem Leder; hölzerne Schuhstrecker - Fotografien dieser und weiterer Gegenstände aus den Jahren 1938/1939 (jeweils in einem alten Koffer) sind Kern der Ausstellung "Für das Kind".

Es sind Gegenstände, die Eltern für ihre Kinder kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs in den Koffer für die Flucht nach England gepackt haben.
Ehemaliges "Kind" derzeit in Wien
Hilda Schiff floh im Alter von sieben Jahren aus Wien Richtung Großbritannien - am 20. Februar 1939 bestieg sie gemeinsam mit ihrer Schwester den Zug. Sie hatte im Koffer v.a. neue Winterkleidung, erzählt sie auf Radio Österreich 1. Sie ist zur Ausstellungseröffnung extra aus Oxford nach Wien angereist.

Schiff und ihre Schwester wurden in Großbritannien zwar getrennt, doch die beiden Mädchen entgingen dem Holocaust - sowie tausende Kinder, die in britischen Pflegefamilien und Heimen unterkamen. Ihr Vater überlebte in der Schweiz, ihre Mutter wurde im Konzentrationslager Auschwitz ermordet.
Bücher, Andenken, Kleidung
Familienfotos, ein Zirkel, eine gelbe Katze als Handpuppe, Gewand, eine Kochschürze mit dem Duft von frischgebackenem Brot - diese Gegenstände haben die britischen Künstlerinnen Rosie Potter und Patricia Ayre von Ehemaligen der "Kindertransporte" zur Verfügung gestellt bekommen.

Die Gegenstände haben sie - zum Teil einzeln, zum Teil kombiniert - in einem Koffer arrangiert und fotografiert. Kurze Zitate sind auf dem Glas vor den Großformat-Fotos eingraviert - verfasst in der heutigen Handschrift der Überlebenden.

Es sind Ausschnitte aus persönlichen Erzählungen, Briefen, Telefongesprächen und Begegnungen mit den Künstlerinnen.
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Beispiele für Zitate
"von der Schule geworfen weil ich Jüdin war"
"winkend bis zum Ende des Bahnsteigs gelaufen"
"die Gabel ist alles, was geblieben ist"
"Mutter im Pelzmantel beim Schrubben des Gehsteigs"
"zuletzt 1939 von meiner Mutter poliert"
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Symbole des Abschieds
Die Gegenstände in den Koffern seien mehr als Objekte, sagt Rosie Potter auf Radio Österreich 1, es seien Symbole für ein Leben, das abrupt endete: "Was würden Sie einem Kind mitgeben, das man vielleicht nie wieder sieht?"

Die Ausstellung unter dem Titel "Für das Kind" wurde zuvor z.B. in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen gezeigt (2005), im Imperial War Museum North in Manchester in England (2004) und im Ghetto Museum in Tschechien (2003). Nun ist bis Ende November im Wiener Nestroyhof zu sehen, der Eintritt ist frei.

Barbara Daser, Ö1 Wissenschaft, 10.11.06
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Ö1 Downloads
Dem Thema widmete sich auch die Ö1-Sendung "Wissen aktuell": Kindertransporte 1938/39 (Teil 1-5).
->   Mehr dazu in Ö1
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->   Foto der Ausstellung im Imperial War Museum North
->   Foto der Ausstellung in Terezin
 
 
 
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01.01.2010