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Prähistoriker: Steinzeit-Menschen bestatteten liebevoll  
  Seit dem vergangenen Jahr machen Prähistoriker auf dem Wachtberg bei Krems in Niederösterreich sensationelle Funde aus der Steinzeit. In zwei 27.000 Jahre alten Begräbnisstätten fanden sie mittlerweile die Skelette von drei Säuglingen samt Grabbeigaben. Die Auswertung ihrer nun in "Nature" veröffentlichten Studien zeigt: Die Bestattung dürfte sehr liebevoll stattgefunden haben.  
"Wie wir an den Gräbern feststellten, wurden selbst Neugeborene liebevoll bestattet", berichtete Projektleiterin Christine Neugebauer-Maresch von der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).
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Die Studie "Upper Palaeolithic infant burials" ist in "Nature" (Bd. 444, S. 285; Ausgabe vom 16.11.06) erschienen.
->   Abstract
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Einzigartige Funde aus dem Jungpaläolithikum
Aufsehen erregte im April 2005 die Auffindung einer Doppelbestattung von Neugeborenen. In diesem Jahr konnte, nur einen Meter daneben, eine weitere Säuglingsbestattung freigelegt werden.

Es handelt sich bei diesen drei Säuglingen nicht nur um die ältesten Bestattungen Österreichs, sondern auch um weltweit einzigartige Befunde. Bisher kannte man keine Gräber mit derartig jungen Verstorbenen aus der Zeit des Jungpaläolithikums.
Die "Zwillinge" von 2005
 
Bild: Prähistorische Kommission der ÖAW

Bei den Funden des Vorjahrs handelte es sich um zwei Skelette von Neugeborenen (siehe Bild). Die Kinder waren ganz offensichtlich nicht verscharrt, sondern liebevoll bestattet worden.

Die fragilen Knochen waren nicht zuletzt deshalb so gut erhalten, weil sie unter einem Mammut-Schulterblatt geschützt lagen. Außerdem fanden die Archäologen Schmuckperlen als Grabbeigabe.

Da beide Neugeborene, belegt durch gleiche Langknochenmaße, im selben Alter verstarben und zeitgleich in einem gemeinsamen Grab bestattet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Zwillinge handelt.
Auch Einzelbegräbnis sehr liebevoll
 
Bild: Prähistorische Kommission der ÖAW

Nach diesem Fund hätte man noch vermuten können, dass die aufwändige Bestattung möglicherweise mit dem Umstand zu tun hatte, dass es sich um Zwillinge handelt. "Sie könnten als etwas Besonderes gegolten haben", sagte Neugebauer-Maresch.

Beim zweiten Grab, das im Vorjahr einen Meter neben dem Zwillingsgrab entdeckt wurde (siehe Bild), waren die Verhältnisse aber ähnlich. Zwar gab es kein Mammut-Schulterblatt, dafür aber eine Elfenbein-Nadel.
Zeichen von Wertschätzung und Integration
Die Wissenschaftler vermuten, dass mit dieser Nadel eine Hülle - beispielsweise aus Fell - zusammengehalten wurde, in welche das Kind gebettet war. Ebenso wie im ersten Grab war die ganze Grube mit rotem Farbstoff erfüllt.

Damit sei belegt, dass Säuglinge - genauso wie größere Kinder und Erwachsene - aufwändig mit einem Ritual bestattet wurden, und damit von Geburt an in der Gesellschaft der frühen modernen Menschen Wertschätzung und Integration genossen.
Ergiebige Quelle für Archäologen
Es gilt heute als gesichert, dass die Gegend bei Krems in der Zeit vor 41.000 bis 27.000 immer wieder längerfristig besiedelt war. Das Klima war - und ist - günstig und auch der Boden fruchtbar.

Für Archäologen ist die Fundstelle am Wachtberg sehr ergiebig: Innerhalb von zwei Jahren wurden auf 18 Quadratmetern nicht weniger als 15.000 Fundgegenstände ausgegraben, darunter Knochen, Werkzeug oder Schmuck.

[science.ORF.at/APA, 15.11.06]
->   Prähistorische Kommission der ÖAW
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Neuer archäologischer Skelett-Fund in Krems (28.7.06)
->   Otto Urban: 30.000 Jahre alte Säuglingsbestattungen (23.9.05)
 
 
 
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01.01.2010