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Neues Quantenphysik-Zentrum in Wien eröffnet  
  Am Freitag wurde das neue Labor für Atomphysik und Quantenoptik des diesjährigen Wittgenstein-Preisträgers Jörg Schmiedmayer am Atominstitut der österreichischen Universitäten eröffnet.  
Und doch könnte es schon bald wieder obsolet werden: So wie heute schon im Medizinbereich ein ganzes Diagnoselabor Platz auf einem Chip hat ("Lab on a Chip"), sollen künftig auch Quantenexperimente auf einem Atomchip durchgeführt werden können.
Zukunft: "Quantenlab on a Chip"
"Wir arbeiten am Quantenlab on a Chip", sagte Schmiedmayer.

Ganz überflüssig werden Labors weder im Diagnostik- noch im Quantenbereich werden. "Doch man wird viel mehr und das viel robuster und anwendungsfreundlicher auf einem Chip machen können", erklärte Schmiedmayer.
Ein Millionen-Euro-schweres Labor
Der 46-jährige gebürtige Wiener war in den vergangenen Jahren in den USA, Innsbruck und Deutschland tätig und zählt zu den Pionieren auf dem Gebiet der so genannten Atomchips.

Mit einem völlig neuen, am Atominstitut der österreichischen Universitäten in Wien eingerichteten Labor konnte er zur Rückkehr in seine Heimat bewegt werden. Die Stadt Wien und das Unternehmen Siemens stellen für die Arbeit des Quantenphysikers jeweils eine Mio. Euro zur Verfügung, die TU wendete inklusive Uni-Infrastrukturmittel mehr als zwei Mio. Euro für den Umbau und Adaptierung des neuen Labors auf.

Zudem erhielt Schmiedmayer im vergangenen Juni den mit 1,5 Mio. Euro dotierten Wittgenstein-Preis, den "österreichischen Nobelpreis".
Atomfallen im Miniaturformat
Bei Atomchips handelt es sich um Atomfallen im Miniaturformat: Auf einem Mikrochip schwebt - von magnetischen und elektrischen Feldern gehalten - eine Wolke mit wenigen tausend Atomen (Rubidium, Lithium oder Kalium) nur wenige tausendstel Millimeter über der Chipoberfläche.

Während der Chip Zimmertemperatur hat, wird die Atomwolke durch Laser auf wenige Milliardstel Grad über dem absoluten Nullpunkt (minus 273 Grad Celsius) gekühlt - die Chip-Oberfläche ist damit mehr als eine Milliarde Mal wärmer als die Atome.

Die kleine Gaswolke geht unter diesen Bedingungen in einen neuartigen Materie-Zustand über, je nach verwendeten Atomen in ein Bose-Einstein-Kondensat (BEC) oder in ein Fermi-Gas.
Neugier und Anwendungsmöglichkeiten
Schmiedmayer ist es gelungen, diese Atomwolke sehr präzise zu manipulieren, und damit verschiedene Experimente durchzuführen.

"Unser Ziel ist es, irgendwann einmal mit einzelnen Atomen experimentieren zu können", sagte der Physiker. Primär steht bei dieser Arbeit die Neugierde im Vordergrund, mögliche Anwendungen würden dennoch mitgedacht. So habe sich herausgestellt, dass sich das BEC auf einem Atomchip als ultragenauer Magnetfeldsensor eignet. Damit soll jetzt untersucht werden, "wie Strom durch Gold fließt, was man auf einem so genauen Level noch nicht weiß", so Schmiedmayer.

In weiterer Folge könnten dann auch Halbleiterelemente damit "unter die Lupe" genommen oder die mechanischen Eigenschaften von Zellen bestimmt werden.
Schritt von Mikro- in Makrowelt
Zudem hofft der Physiker, dass sich mit Hilfe der Atomchips als "Quanten-Inferfaces" die bisher getrennten Welten von Photonen und Atomen auf der einen Seite und Festkörpern auf der anderen Seite verbinden lassen.

"Es gibt phantastisch gute Quanten-Experimente mit Photonen, Atomen und Ionen und es gibt Quantenexperimente in Festkörpern, etwa mit SQUIDs" (Supraleitenden Quanteninterferenzeinheiten, Anm.), aber keine robuste Quanten-Verbindung zwischen den beiden Welten", sagte Schmiedmayer.

[science.ORF.at/APA, 24.11.06]
->   Atominstitut der österreichischen Universitäten
->   Wittgenstein-Preis 2006 an Physiker Jörg Schmiedmayer (26.6.06)
 
 
 
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01.01.2010