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Studie: Chorgesang hilft bei Sprachstörung  
  Schlaganfälle und Schädelhirntraumata können zu einem "Sprachverlust" führen. Es kommt bei den Patienten u.a. zu Wortfindungsproblemen, sprachlichen Verkürzungen und Störungen beim Sprachverständnis. Französische Wissenschaftlerinnen wollen nun eine wirksame Sprachtherapie entdeckt haben: das Singen in einem Chor.  
Beim gemeinsamen Singen konnten sich Aphasie-Patienten, die unter einer Sprachstörung infolge einer Hirnschädigung litten, an mehr Wörter erinnern und diese auch wiederholen, als wenn sie alleine sangen bzw. die Wörter nur aussprachen.
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Der Artikel "Making non-fluent aphasics speak: sing along!" ist in der Fachzeitschrift "Brain" (Bd. 129, Nr. 10, S. 2571, Oktober 2006) erschienen.
->   Abstract
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Bei Aphasie: Singen unterstützt Sprachfindung
Eine klassische Beobachtung der Neurologen ist, dass Aphasie-Patienten Wörter singen können, die sie anders nicht auszusprechen in der Lage sind, schreiben Isabelle Peretz von der University of Montreal und ihre zwei Kolleginnen.

Es gebe zwar mehrere nahe liegende Gründe dafür, dass Singen die Spracherzeugung verbessern kann. So könne beispielsweise davon ausgegangen werden, dass die Melodie dem Gedächtnis bei der Wortfindung auf die Sprünge hilft, da beides - Melodie und Wörter - in der Erinnerung sehr eng miteinander verknüpft sind. Außerdem würde das rhythmische Singen die Geschwindigkeit herabsetzen, mit der Wörter produziert werden müssen - und so vermutlich die Verständlichkeit verbessern.

Doch die Beweislage für einen solchen Zusammenhang sei nicht sehr umfassend, so die kanadischen Forscherinnen. Sie untersuchten daher acht Patienten mit Hirnschäden, die an unterschiedlichen Formen von Sprachstörungen litten - alle eine Folge einer Verletzung der linken Hemisphäre, in der bei Rechtshändern das Sprachzentrum liegt.
->   Aphasie - Wikipedia
Nur im Chor deutlich besser
Im ersten Experiment sollten sich die Patienten an Wörter, die bekannten Songtexten, Sprüchen und Gebeten entstammten, erinnern und diese alleine singen bzw. sprechen. In einem zweiten Experiment wurden die Probanden gebeten, Wörter von neu erlernten Songs zu reproduzieren. In beiden Fällen gab es zwischen dem Singen und Sprechen der Wörter keinen Unterschied - die "Sprachproduktion" war ähnlich gut bzw. schlecht.

In einem dritten Experiment durften die Patienten neu erlernte Texte in einem Chor singen bzw. sprechen. Das Ergebnis: Die Patienten konnten sich an viel mehr Wörter erinnern und diese auch hervorbringen, als sie diese gemeinsam sangen.

Die Ergebnisse zeigen, so die Forscher, dass das Singen in einem Chor effektiver sei als das gemeinsame Sprechen - zumindest in Französisch, der Untersuchungssprache.
Gemeinsame Motivation und Erfahrung
Es ist vermutlich nicht das Singen selbst, was der Spracherinnerung auf die Sprünge hilft, sondern die geteilte Stimmung und Erfahrung zwischen den Sängern, folgern die Wissenschaftlerinnen.

Chorsingen könne demnach eine gute Behandlungsmethode für Aphasie-Patienten darstellen.

[science.ORF.at, 27.11.06]
->   Isabelle Peretz Research Laboratory
Mehr zum Thema Aphasie in science.ORF.at:
->   Konnex zwischen Sprach- und Rechenproblemen (6.9.05)
 
 
 
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01.01.2010