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AIDS in Österreich: Situation anhaltend ernst  
  Die modernen Anti-HIV-Therapien haben dazu geführt, dass die Immunschwächekrankheit AIDS in Österreich zum Großteil zu einer langfristig beherrschbaren Erkrankung geworden ist. Doch die Situation bleibt weiter ernst.  
"Bei den Infektionszahlen und der Zahl der neu diagnostizierten Erkrankungen treten wir auf der Stelle", warnte am Dienstag die Präsidentin der Österreichischen AIDS-Gesellschaft, Brigitte Schmied, bei einer Pressekonferenz in Wien aus Anlass des bevorstehenden Welt-AIDS-Tages (1. Dezember).
Derzeit rund 1.000 AIDS-Patienten
Grafik: APA
AIDS in Österreich: Erkrankungen und Todesfälle pro Jahr
Die Daten der AIDS Hilfe Wien: Seit 1983 sind 2.493 Menschen in Österreich an AIDS erkrankt, 1.429 davon gestorben (Stand Anfang November).

Derzeit leben in Österreich 1.064 Patienten, die an der Immunschwächekrankheit leiden. Die Zahl der bestätigten Neuinfektionen stieg in Österreich von 313 Fällen im Jahr 1998 auf 453 neu diagnostizierte Ansteckungen im Jahr 2005.

Laut der österreichischen Kohortenstudie in Sachen HIV und AIDS stieg die Zahl der insgesamt wegen HIV in Österreich medizinisch betreuten Personen von rund 1.700 im Jahr 2002 auf etwa 2.300 im Juli 2006.
Durchschnittsalter 42 Jahre
Die Spezialistin nennt weitere Zahlen für das Jahr 2006: "Das Durchschnittsalter der AIDS-Patienten liegt bei 41,7 Jahren, der Frauenanteil beträgt 30 Prozent.

40 Prozent der Infizierten haben sich über heterosexuelle Kontakte angesteckt, 30 Prozent über homosexuelle, 30 Prozent durch intravenösen Drogenkonsum."
Resistenzen gegen Medikamente problematisch
Die Lebenserwartung der Betroffenen ist durch die moderne Kombinationstherapie nicht mehr von jener Nicht-HIV-Infizierter zu unterscheiden. Doch es gibt auch Probleme mit Resistenzen gegen die verschiedenen AIDS-Medikamente, von denen drei Klassen besonders häufig verwendet werden.

Armin Rieger von der Universitäts-Hautklinik am Wiener AKH: "Der Anteil jener Patienten, die gegen alle drei Arzneimittelklassen resistente HI-Viren aufweisen, ist relativ gering. Er liegt zwischen fünf und zehn Prozent."
Neues Medikament und neue Hemmstoffe
Grafik: APA
Entwicklung 1983 bis 2006 (Daten der AIDS Hilfe Wien)
Hier sollen in Zukunft zwei Entwicklungen die Behandlungsmöglichkeiten verbessern. Der US-Arzneimittelkonzern Pfizer bringt mit Maraviroc ein Medikament auf den Markt, das einen Co-Rezeptor auf der Oberfläche der Zielzellen von HIV (CCR5) blockiert. Den benötigen die Viren zum Eindringen in die Zellen.

Allerdings dürfte das Medikament im Laufe der HIV-Infektion seine Wirkung zunehmend verlieren, weil die AIDS-Erreger dann auf andere Co-Rezeptoren "umsteigen".

Das zweite Prinzip sind neu entwickelte Hemmstoffe des HIV-Integrase-Enzyms. Dieses benötigt das Virus, um seine Erbsubstanz in die DNA der befallenen Zelle einzuschleusen.

Rieger: "Bis dato gibt es noch keine andere Substanzklasse, die so schnell und so stark die Virusvermehrung behindert. In nur zwei Wochen wird die Virus-Replikation um 99 Prozent gebremst. Auch bei Patienten, bei denen die HI-Viren gegen die drei hauptsächlich verwendeten Medikamente resistent waren, konnte man damit innerhalb von 24 Wochen noch 50 bis 60 Prozent unter die (HIV-)Nachweisgrenze bringen."
Individuelle Lebensplanung immer wichtiger
Die praktisch normalisierte Lebenserwartung der HIV-Positiven führt dazu, dass der individuellen Lebensplanung immer mehr Bedeutung zukommt. Dazu gehört der Kinderwunsch.

Bei Paaren, bei denen zum Beispiel der Mann HIV-positiv und die Frau HIV-negativ ist, setzte man hier bisher auf künstliche Insemination von speziell gereinigtem Samen des Mannes. Doch die Schwangerschaftsraten nach der komplizierten Behandlung sind mit zwölf Prozent pro Versuch gering.

Pietro Vernazza vom Kantonsspital St. Gallen hat hier ein neues System entwickelt: Der Mann bekommt eine AIDS-Therapie, bei der das Virus nicht mehr nachweisbar ist. Die Frau nimmt vor dem Eisprung zwei Tagesdosen der Therapie als Prophylaxe ein. Dann erfolgt der "ungeschützte" Geschlechtsverkehr. Die Schwangerschaftsraten steigen so auf 20 bis 30 Prozent, ohne dass offenbar das Infektionsrisiko ansteigt.

[science.ORF.at/APA, 28.11.06]
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01.01.2010