News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Steinzeitfunde bei Krems: Häuser statt Grabungen?  
  Seit 2005 berichten Archäologen von erstaunlichen Funden aus der Steinzeit auf dem Wachtberg bei Krems in Niederösterreich. In zwei 27.000 Jahre alten Begräbnisstätten haben sie die Skelette von drei Säuglingen samt Grabbeigaben gefunden. Ob man in der Umgebung weiter graben kann, scheint nun aber ungewiss: Denn die Grabungsstätte soll zugeschüttet und darauf Einfamilienhäuser errichtet werden.  
Dies berichtet Grabungsleiterin Christine Neugebauer-Maresch von der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in der aktuellen Ausgabe von "at.venture".
Grabungen nur bis Sommer 2007 gesichert
Bislang seien erst 18 der mutmaßlich 250 Quadratmeter großen Siedlungsschicht untersucht worden.

Bis zum nächsten Sommer könne noch weiter gegraben werden. Was dann geschehe, so Neugebauer-Maresch, sei ungewiss. Die betreffenden Grundstücke seien parzelliert und verkauft, das Bundesdenkmalamt könne die Bebauung nicht verhindern.
Bessere Konservierung als anderswo

Im Falle einer Verbauung würde die Fundstelle zwar nicht zerstört, aber für weitere Forschungen nicht mehr zugänglich, schreibt "at.venture". Und das wäre herber Schlag für die Wissenschaft. Denn aufgrund günstiger geografischer Gegebenheiten sind am Wachtberg die Spuren der Vergangenheit besser konserviert als anderswo.

Sie wurden innerhalb weniger Jahrhunderte durch Verwehungen mit einer dicken Lößschicht bedeckt und so gleichsam versiegelt. Dazu kommt, dass eine günstige Bodenchemie sogar Holzreste bis heute konserviert hat.

Bereits 15.000 Fundgegenstände ausgegraben
Für Archäologen ist die Fundstelle am Wachtberg sehr ergiebig: Innerhalb von zwei Jahren wurden auf 18 Quadratmetern nicht weniger als 15.000 Fundgegenstände ausgegraben, darunter Knochen, Werkzeug oder Schmuck.
...
Die neueste Ausgabe von "at.venture, Österreichs Zukunftsmagazin für Forschung, Technologie und Innovation" erscheint am Mittwoch, den 6. Dezember, und wird gemeinsam mit dem Universum Magazin ausgeliefert.
->   at.venture
...
Bereits 15.000 Fundgegenstände ausgegraben
Für Archäologen ist die Fundstelle am Wachtberg sehr ergiebig: Innerhalb von zwei Jahren wurden auf 18 Quadratmetern nicht weniger als 15.000 Fundgegenstände ausgegraben, darunter Knochen, Werkzeug oder Schmuck.
Steinzeit-Menschen bestatteten liebevoll
Vor drei Wochen erst berichteten die Forscher von der Auswertung der Skelettfunde in der Fachzeitschrift "Nature". Wie Projektleiterin Neugebauer-Maresch damals zusammenfasste, scheint die Bestattung "sehr liebevoll" stattgefunden zu haben.

Es handelt sich bei diesen drei Säuglingen nicht nur um die ältesten Bestattungen Österreichs, sondern auch um weltweit einzigartige Befunde. Bisher kannte man keine Gräber mit derartig jungen Verstorbenen aus der Zeit des Jungpaläolithikums.
...
Studie in "Nature"
Die Studie "Upper Palaeolithic infant burials" (Bd. 444, S. 285; Ausgabe vom 16.11.06) ist in "Nature" erschienen.
->   Abstract der Studie
...
Die "Zwillings-Funde" von 2005
 
Bild: Prähistorische Kommission der ÖAW

Bei den Funden von 2005 handelte es sich um zwei Skelette von Neugeborenen (siehe Bild). Die Kinder waren ganz offensichtlich nicht verscharrt, sondern liebevoll bestattet worden.

Die fragilen Knochen waren nicht zuletzt deshalb so gut erhalten, weil sie unter einem Mammut-Schulterblatt geschützt lagen. Außerdem fanden die Archäologen Schmuckperlen als Grabbeigabe.

Da beide Neugeborene, belegt durch gleiche Langknochenmaße, im selben Alter verstarben und zeitgleich in einem gemeinsamen Grab bestattet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Zwillinge handelt.
Auch Einzelbegräbnis sehr liebevoll
 
Bild: Prähistorische Kommission der ÖAW

Nach diesem Fund hätte man noch vermuten können, dass die aufwändige Bestattung möglicherweise mit dem Umstand zu tun hatte, dass es sich um Zwillinge handelt. "Sie könnten als etwas Besonderes gegolten haben", sagte Neugebauer-Maresch.

Beim zweiten Grab, das im Vorjahr einen Meter neben dem Zwillingsgrab entdeckt wurde (siehe Bild), waren die Verhältnisse aber ähnlich. Zwar gab es kein Mammut-Schulterblatt, dafür aber eine Elfenbein-Nadel.
Zeichen von Wertschätzung und Integration
Die Wissenschaftler vermuten, dass mit dieser Nadel eine Hülle - beispielsweise aus Fell - zusammengehalten wurde, in welche das Kind gebettet war. Ebenso wie im ersten Grab war die ganze Grube mit rotem Farbstoff erfüllt.

Damit sei belegt, dass Säuglinge - genauso wie größere Kinder und Erwachsene - aufwändig mit einem Ritual bestattet wurden, und damit von Geburt an in der Gesellschaft der frühen modernen Menschen Wertschätzung und Integration genossen.

[science.ORF.at, 4.12.06]
->   Prähistorische Kommission der ÖAW
Mehr zu dem Thema in science.ORF.at:
->   Funde beweisen: Steinzeit-Menschen bestatteten liebevoll (15.11.06)
->   Neuer archäologischer Skelett-Fund in Krems (28.7.06)
->   30.000 Jahre alte Säuglingsbestattungen (23.9.05)
->   27.000 Jahre altes Kindergrab gefunden (23.9.05)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010