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Neuen Protein-Transportmechanismus entdeckt  
  Forscher vom Wiener Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBA) haben einen neuen Transportmechanismus für Proteine identifiziert: Das Protein Collectrin spielt dabei eine zentrale Rolle.  
Für das Funktionieren von Organismen - vom Menschen bis zu einfachen Lebewesen - ist die Sicherstellung eines geregelten Protein-Haushalts von entscheidender Bedeutung. Bei zahlreichen Erkrankungen, so etwa Diabetes, kommt es als Folge auch zu einem massiven Verlust von Eiweiß.

Auf die Funktion von Collectrin stießen die Forscher um Josef Penninger vom IMBA der Österreichischen Akademie der Wissenschaften über ihre Arbeiten zum Protein ACE2, das im Zusammenhang mit der Infektionskrankheit SARS bekannt wurde.
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Der Artikel "Essential role for collectrin in renal amino acid transport" ist als Online-Veröffentlichung der Fachzeitschrift "Nature" (14. Dezember 2006, DOI: 10.1038/nature05475) erschienen.
->   Abstract
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Konnex zwischen Protein ACE2 und Collectrin
Das ACE2 (Angiotensin Converting Enzym) fungiert als Rezeptor für die SARS-Viren und stellt einen schützenden Faktor gegen Lungenversagen im Rahmen von Blutvergiftungen dar. Es spielt auch eine Rolle bei Herzerkrankungen und Diabetes.

"Das ACE2-ähnlichste Protein ist Collectrin. Die Gene für ACE2 und Collectrin sind immer benachbart", erläutert Studienautor Penninger.

Der Konnex zwischen diesen beiden Proteinen sei evolutionsbiologisch bis zum Pufferfisch nachgewiesen. Doch die Funktion des Proteins Collectrin war bisher nicht geklärt.

Deshalb züchteten die Wissenschaftler in Wien Mäuse, bei denen das Gen für Collectrin gezielt ausgeschaltet wurde.
Gen für Collectrin bei Mäusen ausgeschaltet
Das Ergebnis der Untersuchung: Die Tiere kamen normal zur Welt und zeigten zunächst keine krankhaften Veränderungen. Doch dann zeigten sich in deren Harn Kristalle der Aminosäuren Phenylalanin und Tyrosin, also von Proteinbestandteilen.

Bekamen die Mäuse eine Diät, die ohne die beiden Aminosäuren auskam, verschwanden die Kristalle wieder. Das bedeutete, dass hier ein Defekt bei der Zurückhaltung von mit der Nahrung zugeführten Aminosäuren (Proteinen) vorliegen könnte.
Proteinbestandteile im Harn
Die Wissenschaftler analysierten deshalb den Aminosäuren-Gehalt des Harns der Mäuse ohne Collectrin genauer, um eine mögliche Verbindung zur Funktion der Nieren herzustellen.

Während bei Wildtyp-Mäusen, also den Mäusen ohne Gendefekt, fast alle Aminosäuren in den Nieren aus dem Harn wieder resorbiert worden sind, bewirkte die Ausschaltung von Collectrin ihre massive Ausscheidung, schlussfolgern Penninger und seine Co-Autoren.

Sogar im Blutserum war bei diesen Tieren die Konzentration dieser Protein-Bestandteile geringer. Die Tiere konnten offenbar den Harn in den Nieren nicht ausreichend konzentrieren.
Regulator von Aminosäuren-Transport
Penninger: "Unseren genetischen und funktionellen Daten zeigen, dass Collectrin eine nicht erwartete Funktion als wichtiger Regulator von Aminosäuren-Transport-Molekülen besitzt. Das ist eine Funktion, die niemand erwartet hat."

Ein Defekt im Gen für Collectrin dürfte zum Beispiel hinter der Hartnup-Krankheit stecken, die mit einem schweren Verlust an Aminosäuren einhergeht. Das Protein wird in seiner Aktivität vom Transkriptionsfaktor HNF1a kontrolliert, der wiederum in Verbindung mit Diabetes steht.
Verbindung von Collectrin und Diabetes ...
Der Wissenschaftler, der sich am Mittwoch in London befand: "Mutationen im HNF1a-Gen führen zu so genanntem MODY-3-Diabetes." Das ist eine seltene Form der Zuckerkrankheit, die einem sehr früh entstandenen Typ-2-Diabetes ähnlich ist.

Der Leiter des IMBA: "Bei Diabetes kommt es zu einem Verlust an Aminosäuren über den Harn, der zu der (typischen, Anm.) Kachexie (krankhafte Muskel- und dadurch Gewichtsabnahme, Anm.) im Rahmen der Erkrankung führt. Niemand hat bisher verstanden, warum dieser Aminosäure-Verlust ein frühes Zeichen der Zuckerkrankheit darstellt. Die Verbindung zwischen Collectrin und Diabetes ist aber derzeit noch nicht bewiesen."
... derzeit noch nicht bewiesen
Deshalb würden die neuen Erkenntnisse wahrscheinlich auch den Anstoß zu vielen neuen Forschungsprojekten auf diesem Gebiet geben.

"Collectrin wird nicht nur in den Nieren sondern auch in den Beta-Zellen (der Bauchspeicheldrüse) exprimiert", so Penninger. Diese Zellen sind für die Insulinproduktion verantwortlich.

[science.ORF.at/APA, 13.12.06]
->   IMBA
->   ACE-Hemmer - Wikipedia
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Ein Wirkmechanismus des SARS-Virus geklärt (11.7.05)
 
 
 
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01.01.2010