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Forscher identifizieren Protein für Berührungsreize  
  Die Haut ist das größte Sinnesorgan des Menschen, über das er Berührung und Schmerz wahrnimmt. Jetzt wurde erstmals bei Säugetieren ein Molekül nachgewiesen, das die Berührungsreize vermittelt.  
Das Protein SLP3 spielt eine wichtige Rolle bei der Umwandlung der durch Berührung ausgelösten mechanischen Reize in Nervenimpulse, schreiben Christiane Wetzel und ihre Kollegen vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch in einer Aussendung.

Ihre Studie liefert nach eigenen Angaben den ersten Nachweis eines Rezeptor-Gens für Berührungen bei Säugern. Solche Moleküle könnten in Zukunft wichtige Angriffspunkte für die Therapie chronischer Schmerzen sein.
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Der Artikel "A stomatin-domain protein essential for touch sensation in the mouse" von Christiane Wetzel et al. ist als Online-Publikation der Fachzeitschrift "Nature" (13. Dezember 2006, DOI: 10.1038/nature05394) erschienen.
->   Abstract
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Ohne SLP3: Keine Berührungswahrnehmung
Wetzel und ihre Kollegen konnten zeigen, dass Mäuse, denen das Protein SLP3 fehlte, unterschiedlich strukturierte Oberflächen nicht voneinander unterscheiden konnten.

Rund 35 Prozent der Berührungsrezeptoren in der Haut der Tiere, die kein SLP3 bildeten, konnten diese Reize nicht mehr wahrnehmen, vermuten die Wissenschaftler.
Bei Nervenverletzungen kein Schmerzempfinden
Obwohl Berührungsreize normalerweise nichts mit Schmerzempfinden zu tun haben, ändert sich das bei einer Verletzung der Nerven. Menschen mit Nervenverletzungen empfinden schon starke Schmerzen, wenn sie nur ganz leicht berührt werden - auch neuropathischer Schmerz genannt.

Im Tierversuch zeigte sich, dass Mäuse, denen SLP3 fehlt, trotz Nervenverletzung keine neuropathischen Schmerzen haben, wenn sie leicht berührt werden.

Diese Ergebnisse deuten laut den Forschern darauf hin, dass Moleküle, die für die Wahrnehmung von Berührungen notwendig sind, künftig Angriffspunkte für die Therapie neuropathischer Schmerzen sein könnten. Für diese Art von Schmerzen gibt es bisher nur wenige effektive Behandlungen.
Wahrnehmungsprozess
Die Nervenzellen (Neuronen), die Berührungs- und Schmerzreize aufnehmen und ins Gehirn übermitteln, befinden sich in den Hinterwurzelganglien des Rückenmarks. Sie haben aber ihre "Fühler", zahlreiche Axone, bis in die Haut ausgestreckt.

Mechanische Reize auf diese Fortsätze werden von Rezeptoren (Bindestellen) in der Haut aufgenommen und in elektrische Impulse umgewandelt, ins Gehirn weitergeleitet und dort als Berührung oder Schmerz wahrgenommen.

Der biologische Vorgang, der der Umwandlung eines mechanischen Reizes in einen Nervenimpuls zugrunde liegt, ist auf molekularer Ebene bis heute wenig verstanden.
Berührungssensitive Ionenkanäle
Offenbar sind spezielle Ionenkanäle in der Zellmembran für die Umwandlung mechanischer Reize in elektrische Impulse verantwortlich. Diese Kanäle öffnen sich, wenn auf die Zellmembran leichter Druck ausgeübt wird. Dann strömen geladene Teilchen (Ionen) in die Zelle und lösen ein elektrisches Signal aus.

Wetzel und ihre Kollegen haben die Aktivität solcher Ionenkanäle nach winzigsten Berührungen gemessen und konnten nachweisen, dass SLP3 für eine Reihe solcher berührungssensitiver Ionenkanäle notwendig ist.
Erstmals bei Säugern identifiziert
Diese Arbeit ist die erste, die zeigt, dass ein Protein direkt für die Wahrnehmung von Berührungen in Säugetieren benötigt wird, schreiben die Wissenschaftler.

In einfachen Organismen wie dem Fadenwurm C. elegans und Fruchtfliegen konnte schon eine Reihe von Genen dafür identifiziert werden.

[science.ORF.at/IdW, 18.12.06]
->   Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch
 
 
 
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01.01.2010